Neues Vokabular

Deutsche Autobauer wollen mehr Ökoenergie und Umweltschutz. Kritiker halten das für Ablenkung

BERLIN taz ■ Die deutsche Automobilindustrie entdeckt den Klimaschutz: „Nachhaltige Mobilität braucht eine nachhaltige Energiebasis“, erklärte gestern Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Allein dass der Begriff „nachhaltig“ im offiziellen Vokabular der Autolobby auftaucht, ist sensationell. Ein „Masterplan“ der Autobauer sieht „10 Prozent mehr Beimischung von Biodiesel“ ebenso vor wie eine Technik-Offensive. Neben alternativen Kraftstoffen sollen verstärkt alternative Antriebe wie der Hybrid, der Elektro- und Verbrennungsmotoren vereint, eingesetzt werden. „Fernziel ist die Brennstoffzelle.“

Bis die allerdings kommt, gehen mindestens noch zehn Jahre ins Land. Zur Überbrückung fordert der VDA von der Politik verstärkte Anreize für Kraftstoffalternativen. DaimlerChrysler-Vorstand Thomas Weber: „Würden die 1,2 Millionen Hektar Stilllegungsfläche in Deutschland zur Produktion von Biodiesel genutzt, könnten 20 Prozent des jährlichen Dieselverbrauchs nachwachsend gedeckt werden.“

VW-Forschungschef Franz-Josef Paefgen wurde jüngst von einem chinesischen Kollegen gefragt: „Warum glaubt ihr Europäer, dass die Chinesen in 15 Jahren pro Kopf nicht genau so viel Autos fahren werden wie ihr“? VW hat errechnet, dass sich in 15 Jahren der weltweite Fahrzeugbestand verdoppelt. Paefgen: „2020 wird der Energiebedarf für Mobilität um 25 Prozent gestiegen sein.“ Ein Albtraum für Klimaschützer: Wird nicht schnell in klimafreundliche Alternativen investiert, wird der Ausstoß von Klimakillern drastisch steigen.

Langfristig soll die Brennstoffzelle dem abhelfen. Aber: „Brennstoffzellen lassen sich natürlich nur klimafreundlich betreiben, wenn ihre gespeicherte Energie klimafreundlicher Herkunft ist“, so Paefgen. Deshalb müsse der Staat jetzt dafür sorgen, dass künftig mehr Energie aus Wind-, Wasser- oder Sonnenkraft erzeugt wird.

Der Verkehrsclub Deutschland begrüßt das neue Vokabular der deutschen Autolobby, aber „solange die Autobauer aber keine spritsparendere Technik einsetzen, ist das nur Ablenkung“, meint ein Sprecher. NICK REIMER