betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Die Szenerie hat schon mache Fantasie geweckt: der alte Vergnügungspark im Treptower Plänterwald mit seinen verrottenden und vom Grün teilweise überwucherten Fahrgeschäften, wie das so schön in der Sprache der Schausteller heißt: also den alten Achterbahnen, Karussels, Schwanenbooten und vor allem dem Riesenrad, das sich als verrostende Zeugin längst vergangener Lustbarkeiten über dem urwaldähnlichen Gelände erhebt, das seit 2001 nicht mehr genutzt wird. Damals hatte der Betreiber Norbert Witte Konkurs anmelden müssen. So ist der Spreepark also schon lange geschlossen und wurde soeben versteigert. Aber erst mal wird dort noch Theater gespielt. Nicht das erste Mal, denn vor zwei Jahren hat bereits das HAU das wüste Ambiente mit seinen umgestürzten Plastikdinosauriern bespielt, wie nach ihnen die mutige Truppe Eva-Maria Brück-Neufeld und Anne Diedering: Im vergangenen Jahr haben sie hier als Freilufttheater eine alte Serie des DDR-Fernsehens aus den Late Seventies wiederbelebt, „Spuk unterm Riesenrad“. Da geht es um ein Geschwisterpaar, das aus der Provinz zu den Großeltern nach Berlin reist, die dort einen Vergnügungspark betreiben. Am Ruhetag lassen die Großeltern die beiden Geschwister einmal dort allein, um Besorgungen zu machen. Das Mädchen kocht für sich und den Bruder Grießbrei zu Mittag, hat aber Zutaten im Rezept verwechselt, so dass plötzlich der Topf explodiert. Drei neue Figuren im Park, vom Großvater eben dort aufgestellt, werden komplett mit Brei bekleckert, und um sie wieder sauber zu bekommen, werfen die Geschwister sie kurzerhand in die Spree. Durch die Berührung mit Wasser jedoch erwachen die Holzfiguren und werden lebendig. Was sonst noch passiert, müssen Sie schon selber gucken gehen. („Spuk unterm Riesenrad“: Spreepark, Freitag bis Sonntag, 15 und 19.30 Uhr)

Freilicht wird auch im Hexenkessel Hoftheater am Monbijoupark gespielt: und zwar Heinrich von Kleists „Amphitryon“, jene Geschichte vom Gott, der den Menschen die Fähigkeit zu lieben neidet und in Menschengestalt vom Olymp herabsteigt, um in der antiken Stadt Theben auch mal am vergänglichen Glück der Liebe zu nippen. Und zu diesem Zweck in das Bett zur Gattin des abwesenden Feldherrn Amphitryon steigt. Nicht nur dort stiftet er allerlei Irrungen und Wirrungen. Gespielt wird eine vervolkstheaterte Fassung des subtilen Dramas von Carsten Goldbeck, der dem schwermütigen preußischen Dichter Heinrich von Kleist ganz neue Ton- und Stimmungslagen entlockt. („Amphitryon nach Kleist“: Hexenkessel Hoftheater am Monbijoupark, Dienstag bis Samstag, 19.30 Uhr)