hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Musikgeschichtlich von einiger Bedeutung ist Stenka Rasin. In mehreren russischen Liedern wird er besungen, und auch Dmitri Schostakowitsch nahm sich seiner an. Wobei besonders der Tod von Stenka Rasin von Interesse war. Er wurde durch Vierteilung hingerichtet. Diese einigermaßen blutige Art der Bestrafung wurde vor allem bei versuchtem oder vollbrachtem Königsmord verhängt (Rasin war Anführer eines Aufstandes gegen das russische Zarenreich) und ist seit der frühen Neuzeit ein wenig aus der Mode geraten. Was durchaus begrüßenswert ist. Nur gibt es manchmal auch so Tage, an denen man sich am liebsten zerreißen will in seiner Gier. Ein Tag wie heute am Donnerstag, an dem man es doch wenigstens versuchen möchte mit einer Vierteilung, um hinterher von Vertrauten seiner Wahl je einen Brocken Leib in die verschiedenen Ringe werfen zu lassen. Weil man überall dabei sein will, wenigstens irgendwie, bei diesen vier Konzerten an diesem Donnerstag, bitte sehr:

Das Herz. Ein böse pochender Muskel in einer irrlichternden Musik, in der der Blues mit from outer space dahergelaufenen Aliens um die Harmonien ringt. Dazu singt David Thomas wie ein Schlafwandler. Er singt so, dass das Herz pocht in seinen Albträumen und dass es schreit in seinem Schmerz, der von einer Schönheit weiß, die einen schaudern macht. Na ja, so ungefähr: mit Pere Ubu, die wieder mal im Quasimodo spielen (Kantstr. 12a, 22 Uhr, VVK: 18 €). Oder, nur auf den flüchtigen Blick leichtherziger, der zwinkernde Pop mit seiner Freude am lasziven Exzess, den man bei Bobby Conn aber durchaus auch als Paranoia hören kann, halt mit einem Swing-Auslauf. Plus Glam. Von einem 21st Century Schizoid Man, der wie Ziggy Stardust mal vom Mond gefallen ist. Bobby Conn spielt im Privatclub (Skalitzer Str. 85, 21 Uhr, 16 €). Und die Kunst des Gitarrenlärmens. Energiemusik. Schon auch so, wie man das früher bei Sonic Youth gehört hat. Was schlicht daran liegt, dass es sich bei Chelsea Light Moving um das neue Projekt vom Sonic-Youth-Mann Thurston Moore handelt. Im Festsaal Kreuzberg (Skalitzer Str. 130, 21 Uhr, VVK: 25 €). Oder, immer noch Donnerstag, im C-Club Bassekou Kouyate aus Mali, der die traditionelle Musik mit der elektrisch verstärkten Ngoni, einer afrikanischen Laute, so ausspielt, dass die Freunde eines gediegenen psychedelischen Rock mit dem Drang zu Trance und Ekstase genauso Anknüpfungspunkte finden wie die vom Afropop (Columbiadamm 9–13, 21 Uhr. VVK: 18 €).

Wenn man aber von einer Vierteilung nichts wissen will, bleibt man eben daheim und sucht nach dem Stenka-Rasin-Lied. Hört sich richtig toll, wenn es ein sowjetischer Männerchor voll Inbrunst intoniert.