Hollande feuert grüne Umweltministerin

FRANKREICH Bei Präsident Hollande liegen die Nerven blank. Wer öffentlich Kritik an seinen Sparplänen übt, fliegt. Autoritärer Machismo, sagt Cohn-Bendit. Noch scheuen die Grünen vor einem Bruch zurück

PARIS taz | Frankreichs Umweltministerin Delphine Batho geht mit ihrer Abschiedsvorstellung in die Gegenwartsgeschichte ein. Ihre Kritik an der Haushaltspolitik der Pariser Linksregierung war vielleicht ihre erste und letzte mutige Amtshandlung und öffentliche Erklärung als Ministerin. Batho, die nach Meinung der Zeitung Libération bisher eher die Rolle einer braven „Musterschülerin“ im Kabinett spielte, hat plötzlich aufgemuckt und gegen die drastische Kürzung ihrer Kredite im Budget 2014 protestiert. Bisher hatte sie Präsident François Hollandes Rückzieher in der Umweltpolitik generell und in der Frage des Ausstiegs aus der Atomenergie im Speziellen anstandslos akzeptiert und auch gegenüber den längst unzufriedenen grünen Koalitionspartnern loyal verteidigt. Aber insgeheim staute sich die Verbitterung an der engagierten Umweltpolitikerin an, die als Vertraute von Ségolène Royal gilt.

Dass man ihr nun im Namen anderer Prioritäten die finanziellen Mittel so drastisch kürzt, verlangte offensichtlich zuviel an Selbstverleugnung ab. Im Radio hatte Batho am Dienstag das Sparbudget 2014 in Bausch und Bogen verworfen – und sich konstant geweigert, auch nur ein Wort davon zurückzunehmen. Das hat sie noch am selben Tag ihren Posten gekostet. Das letzte Wort in dieser Sache will sie indes nicht gesagt haben. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag wolle sie zu den Umständen ihrer Absetzung „auspacken“, drohte Batho am Mittwoch bei der Amtsübergabe an Nachfolger Philippe Martin, einem angeblich in Umweltfragen bewanderten sozialistischen Abgeordneten aus dem Departement Gers.

Präsident Hollande und Premierminister Ayrault haben mit ihrem umgehenden Rauswurf aus der Regierung ein Exempel statuiert, das anderen Querschlägern im Kabinett als Lehre dienen soll. Dass diese Demonstration der Autorität ausgerechnet eine Frau in der Regierung getroffen hat, wird heute ebenso sehr kritisiert wie die Kürzung der Umweltausgaben. Hollande und Ayrault seien schlicht „Machos“, sagte der grüne EU-Parlamentarier Daniel Cohn-Bendit. Die Ex-Umweltministerin dient auch als Blitzableiter in einer schwelenden Krise in der rot-grünen Koalition. Vor allem an der Basis der Grünen (EELV) wächst der Unmut. „Wir sind nicht dazu da, die nützlichen Idioten zu spielen“, erklärte der EELV-Abgeordnete Noël Mamère. Dennoch wollen die Grünen „bis auf Weiteres“ mit ihren beiden Ministern Cécile Duflot (Wohnung) und Pascal Canfin (Entwicklung) in der Regierung bleiben. Sie geloben indes, weiterhin Druck zu machen, damit das Umweltministerium wieder die benötigten und von Batho geforderten Mittel bekommt. Die letzte Trumpfkarte einer Regierungskrise wollen die grünen Minderheitspartner derzeit noch nicht gegen den sozialistischen Präsidenten ausspielen. RUDOLF BALMER