Flüchtig für immer

RETRO Wer sich in Fotoautomaten setzt, verewigt Freundschaft

Man muss sie sehen wollen. Sonst gehen sie unter in der Flüchtigkeit der Stadt, päkige Kästen, die ihr Schicksal mit dem der Currywurstbuden teilen: stetig dem Klischee ausgesetzt, mit ihrem Namen für minderwertige Qualität zu stehen, werden sie meist nur aus einer Laune heraus aufgesucht – und auf Gehwegen abgestellt oder in U-Bahn-Stationen abgedrängt.

Dabei sind Fotoautomaten einige der wenigen Institutionen unserer Zeit, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis noch stimmt. Für zwei Euro gibt es Erinnerung auf zwei mal einem Meter. Schwarz auf Weiß zum Später-in-die-Küche-Hängen – und nicht zum Gefiltert-gefälscht-übers-Smartphone-verschicken.

Wer in einem Retromaten landet, tut das in Momenten und mit Menschen, die man halten will. Der will keine exzellenten Aufnahmen, sondern brillanten Quatsch. Flüchtigkeit trotzen, Freundschaft besiegeln. Verewigen, dass man liebt.

Für diese Ausgabe haben sich Homos und Heteros zu siebt in einem Berliner Automaten versucht. Sie haben darin geflucht, gequietscht, getrunken, geknutscht und geheiratet – und gelernt, dass es besser ist zu sitzen, wenn es blitzt. Leider sprach niemand ausreichend Spanisch, um zu verstehen, dass die Augen am besten dort angesiedelt werden, wo „los ojos“ steht – auf Höhe des Hinweisschildes nämlich. Wir fanden allerdings: Jemand, der sich mit dem Torso vor die Linse stellt, beweist kopflose Schönheit, und haben das Ergebnis gleich mal gedruckt. ANNABELLE SEUBERT