Kiez bleibt schlafstörungsfrei

Der FC St. Pauli müht sich in der Regionalliga den Glanz zu bewahren, den sie in ihren DFB-Pokalauftritten ausstrahlen. Das mühsame 1:1 gegen Fortuna Düsseldorf reicht dennoch, um vorerst den zweiten Aufstiegsplatz zu ergattern

von Christian Görtzen

Nach so vielen verbissen geführten Zweikämpfen auf dem geschundenen Rasen, nach so manchem brachialen Foulspiel, nach Schmerz, Freude und Leid, stand Thomas Meggle der Sinn nach einigen wohlgeschliffenen Worten. „Ich spreche nie über die Schwächen des FC St. Pauli, sondern immer nur über die Stärken. Und wie ich heute gespielt habe, ist nicht von Belang. Entscheidend ist, wie die Mannschaft aufgetreten ist“, ließ der wiedergenesene Spielmacher des ambitionierten Fußball-Regionalligisten eine junge Radiojournalistin wissen. Dienstbeflissen wie sie nun mal war, genügte ihr diese Lektion in Sachen Altruismus aber nicht. Also hakte sie nach und fragte Meggle, wie sehr es ihn schmerze, dass er zehn Minuten vor dem Ende der Partie gegen Fortuna Düsseldorf, als sich ihm zwei gute Torchancen geboten hatten, nicht noch einen zweiten Treffer hatte folgen lassen.

Immerhin, und da führte in der Tat kein Weg vorbei, wäre es dann vor 18.571 Zuschauern im Hamburger Millerntorstadion ja nicht beim mageren, aber verdienten 1:1 (0:0) geblieben. Und drei Punkte sind zweifelsfrei besser als einer, wenn der Weg in die 2. Bundesliga führen soll. „Ich glaube nicht, dass mich das im Schlaf beeinträchtigen könnte“, sagte Meggle mit weit aufgerissenen Augen. Und hätte man als Zuhörer in diesem Moment die Augen geschlossen und nicht den Fußballer im verdreckten Trikot erblickt, so hätte man sich spätestens jetzt durchaus in Peter Sloterdijks ZDF-Sendung „Das Philosophische Quartett“ wähnen können.

Es war nachher so, wie auch schon während des Spiels. Meggle mühte sich in der Offensive redlich, doch vieles misslang, weil er zu viel wollte, weil er auf den einen oder anderen Schnörkel nicht verzichten mochte. Aber nicht nur er im Besonderen, sondern auch die Mannschaft im Allgemeinen tat sich schwer gegen die Düsseldorfer Fortuna, gegen die es im Hinspiel nach einer erbärmlichen Leistung eine 0:2-Niederlage gegeben hatte. Allerdings ließ der tiefe, zerfurchte Rasen ein geordnetes Spiel auch kaum zu. Kampfkraft bestimmte das Duell – und in dieser Disziplin erwiesen sich die Düsseldorfer als durchaus gleichwertig. Mehr noch: Sie gingen teilweise derart rustikal in die Zweikämpfe, dass es den Anschein hatte, als ginge es ihnen bewusst darum, den Gegner einzuschüchtern.

Falls dem so gewesen sein sollte, ging der Plan eine Halbzeit lang auf. St. Pauli kam nur zu drei halbwegs guten Torchancen, doch sowohl Robert Palikuca (2.), der nach etwas mehr als einer Stunde mit einer Knöchelverletzung ausschied, als auch zweimal Michel Mazingu-Dinzey (16./41.) brachten den Ball nicht im Fortuna-Tor unter. Auf der anderen Seite ließ Oliver Barth (31.) eine sehr gute Gelegenheit aus. Zwei Minuten nach der Pause hatte das Warten der St. Pauli-Fans ein Ende: Thomas Meggle erzielte die Führung, die aber nicht allzu lange Bestand hatte. Nachdem Hauke Brückner im Aufbauspiel ein eklatanter Fehlpass unterlaufen war, erzielte Markus Feinbier (61.) den Ausgleich.

„Am Ende können wir froh sein, dass wir kein weiteres Gegentor mehr bekommen haben. Ich habe immer betont, dass Düsseldorf eine Topmannschaft hat“, sagte St. Paulis Mittelfeldspieler Timo Schultz. Trainer Andreas Bergmann mühte sich in der Pressekonferenz, dem Ergebnis etwas Positives abzugewinnen. Hilfreich dabei war, dass der KSV Holstein Kiel zeitgleich sein Heimspiel gegen Preußen Münster überraschend mit 0:1 verloren hatte und St. Pauli auch schon das Remis genügte, um in der Tabelle an den punktgleichen Kieler vorbeizuziehen. „Wer weiß, wie wichtig dieser Punkt noch wird“, orakelte Bergmann, der ebenfalls von einem gerechten Spielausgang sprach. „Der Fehlpass zum 1:1 war schon sehr fahrlässig, aber man muss auch mal so etwas schlucken. Düsseldorf war ein wirklich sehr starker Gegner. Das zeigt uns allen, wie knallhart das in den kommenden Wochen noch für uns werden wird“, sagte Bergmann.