Kapuzenpullover sind unverdächtig

URTEIL Die Polizei braucht konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr, um Aufenthaltsverbote auszusprechen

Willkürlichen Aufenthaltsverboten wurde klare Absage erteilt

SVEN ADAM, RECHTSANWALT

Allein das Mitführen von zur Vermummung geeigneten Utensilien wie Kapuzenpullover, Sonnenbrille und Schal berechtigt die Polizei nicht, ein Aufenthaltsverbot für eine Region zu erteilen. Selbst dann nicht, wenn der Betroffene in der polizeilichen Inpol-Datei „Straftäter linksmotiviert“ gespeichert worden ist und auf dem Weg zu einer Anti-Nazi-Demonstration ist.

Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (OVG) in Lüneburg entschieden und damit ein Urteil des Verwaltungsgericht Braunschweig bestätigt. Ähnliches hatte schon das Verwaltungsgericht Hamburg in einem Beschluss zum Schanzenviertel ausgeführt.

Drei Göttinger hatten sich am 4. Juni 2011 an Demonstrationen gegen einen Nazi-Aufmarsch am Braunschweiger Bahnhof beteiligen wollen. Da sie äußerlich der linken Szene zuzurechnen waren, hatte die Polizei die Personalien überprüfen wollen – als die drei Göttinger murrten, wurden sie durchsucht. Die Polizisten fanden Kapuzenpullover, Sonnenbrille und Schal und verwiesen sie für den Tag der Region. Dagegen klagte einer der drei.

Das OVG moniert nun, dass sich die Maßnahme „nur auf Vermutungen oder subjektive Einschätzungen“ stützte, es aber keine „konkreten Tatsachen“ gegeben habe, dass die Betroffenen „mit der erforderlichen Sicherheit“ die „Begehung von Straftaten“ vorgehabt hätten. Dass der Kläger bei Inpol gespeichert war, „reichte für sich genommen ebenfalls nicht aus, um von der Begehung von Straftaten ausgehen zu können“, sagen die Lüneburger Richter. Aufenthaltsverbote müssten Tatsachen enthalten, „die die Annahme rechtfertigen, dass die Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen wird“.

Sein Mandant sei nur wegen seines Outfits als Demonstrant gegen rechts zu erkennen gewesen, sagt der Göttinger Klägeranwalt Sven Adam. „Das OVG hat willkürlich und ohne Tatsachengrundlage ausgesprochenen Aufenthaltsverboten eine klare Absage erteilt.“  KVA