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SCHÖNEFELD Flughafengesellschaft kündigt an, „sofort“ für den Schallschutz zu sorgen – auch dort, wo er baulich nicht möglich ist: Anwohner sollen sich von möglichen Entschädigungen keinen Luxus leisten

Beim Lärmschutz im Umland des neuen Hauptstadtflughafens wollen die Betreiber nun kräftig nachbessern. Gut ein Jahr nach dem ursprünglichen Eröffnungstermin kündigte die Flughafengesellschaft am Donnerstag an, „sofort“ für den vorgeschriebenen Schallschutz zu sorgen. Dabei will der Flughafen nun der Vorgabe folgen, dass der Fluglärm in den 14.000 betroffenen Häusern tagsüber die Lautstärke von Gesprächen nicht ein einziges Mal übertrifft. Wo das baulich nicht geht, will der Betreiber dennoch Dämmungen und Schallschutzfenster anbieten, auch wenn das Schutzziel dadurch nicht erreicht wird.

Diesen Kompromiss hat der Flughafen am Donnerstag vergangener Woche mit den Bürgermeistern der am schwersten betroffenen Gemeinden ausgehandelt. Das Unternehmen hatte den Schallschutz jahrelang zu klein dimensioniert. Obwohl der Planfeststellungsbeschluss nicht erlaubt, dass die Gesprächslautstärke von 55 Dezibel tagsüber im Innern übertönt wird, hielt der Flughafen sechs Überschreitungen am Tag für zulässig. Im April schritt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg ein. Die Kosten für das Programm könnten nun von 139 Millionen auf 730 Millionen Euro steigen.

Wo es baulich möglich ist, will der Flughafen nun „ohne Wenn und Aber“ die Vorgaben erfüllen, teilte die Gesellschaft am Donnerstag mit. Sind null Überschreitungen baulich nicht machbar, sieht der Planfeststellungsbeschluss vor, dass die Eigentümer mit 30 Prozent des Verkehrswertes ihrer Häuser entschädigt werden. Sie können das Geld aber auch für andere Dinge als Schallschutz ausgeben – das soll der nun gefundene Kompromiss verhindern.

Ruhe statt Autos

„Lieber baulichen Schallschutz statt dicke Autos“, umschrieb es der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier (SPD), am Donnerstag. „Manchmal muss man die Leute vor sich selber schützen.“ Wer auf einer Entschädigung bestehe, habe darauf aber unverändert Anspruch. Die Anwohner erhalten nun Post vom Flughafen.

Trotz des Kompromisses wollen weiterhin beide Seiten die Schallschutzvorgaben ändern. Baier will für die Anwohner mehr rausholen und fordert eine höhere Kappungsgrenze für die Entschädigungen in Höhe von 50 oder 60 Prozent. Flughafenchef Hartmut Mehdorn will die Vorgaben dagegen senken und erhält die Beschwerde aufrecht, dass das OVG keine Revision gegen sein Urteil zuließ – aus haftungsrechtlichen Gründen, wie die Flughafengesellschaft herausstreicht. (dpa)