Expressverbindung ins Ministerium

Der Spedition Fixemer wird wegen Einschleusung von Ausländern, Betrug und Bestechung der Prozess gemacht. Offenbar verfügte die Firma aber auch über einen besonders heißen Draht in die Politik und übte so Druck auf den Minister aus

VON TARIK AHMIA

Die saarländische Großspedition Fixemer steht im Verdacht, über einen hohen Beamten gesetzwidrigen Einfluss auf Entscheidungen des Bundesverkehrsministeriums genommen zu haben. Zumindest legt dies das heute erscheinende Buch „Tatort Autobahn“ der Journalisten Uli Röhm und Wilfried Voigt nahe. Darin beschreiben sie detailliert die Wirtschaftskriminalität im Transportgewerbe. So sei durch die europaweite Deregulierung der Speditionsbranche illegale Beschäftigung, Abgabenhinterziehung und Sozialdumping zur Normalität in der Branche geworden, schreiben die Autoren.

Die Firma Fixemer gilt seit einer Polizeirazzia im Jahr 2001 als Musterfall für den Einzug der organisierten Kriminalität in die Speditionsbranche. Das Unternehmen steht ab dem 7. April im Mittelpunkt des größten Wirtschaftskriminalprozesses des Saarlandes. Die Spedition ist wegen bandenmäßiger Einschleusung von Ausländern, Betrug, Steuerhinterziehung, Bestechung und Urkundenfälschung angeklagt. Fixemer hat laut Anklage über Jahre „mindestens 2045 illegale Fahrer“ aus den ehemaligen Sowjetrepubliken auf über 1.500 Zugmaschinen zu Dumpinglöhnen beschäftigt und damit Millionen verdient.

Die Spedition versuchte nach den Recherchen des ZDF-Journalisten Röhm und des ehemaligen Spiegel-Redakteurs Voigt auch, die politische Ebene zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dazu pflegte die Firma anscheinend übermäßig vertrauliche Kontakte zum Ministerialrat Ulrich Näke im Bundesverkehrsministerium.

Der Spitzenbeamte war im Jahr 2000 Vorsitzender einer Kommission, die die Vergabepraxis von Transportlizenzen für grenzüberschreitenden Güterverkehr verschärfen sollte. Insbesondere osteuropäische Spediteure waren durch den Missbrauch der begehrten so genannten CEMT-Lizenzen aufgefallen, mit denen sie zu Dumpingpreisen auf dem EU-Markt operierten. Fixemer wollte eine Verschärfung der Gesetze vermeiden, weil sich das Unternehmen im großen Stil in osteuropäische Speditionsfirmen eingekauft hatte oder dort schon mit eigenen Tochterfirmen vertreten war.

Die Autoren behaupten nun, dass Ministerialrat Näke damals Firmenchef Joachim Fixemer beraten habe, wie die Verschärfung der Vergabepraxis zu verhindern sei. In einer von Fixemer verfassten E-Mail heißt es: „Das Gespräch mit Näke hat Folgendes gebracht: Wir bekommen das Thema nur gelöst, wenn wir von ‚außen‘ Druck auf die politische Ebene machen.“ Fixemer schreibt weiter, Näke habe ihm „nahe gelegt“, Bodewig „auf der CEMT-Konferenz in Lissabon im Mai unter Druck zu setzen“.

Das Unternehmen Fixemer habe offenbar seine Kontakte bis hin zum russischen Verkehrsminister Vladimir Katrenko aktiviert, um diesen Druck aufzubauen, schreiben Röhm und Voigt. Hilfreichen Geschäftspartnern gegenüber hatte sich Fixemer oft großzügig gezeigt: Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Saarbrücken soll die Spedition korrupte Beamte in Georgien und Aserbaidschan mit fast 900.000 US-Dollar für gefälschte CEMT-Lizenzen geschmiert haben.

Mit den Vorwürfen konfrontiert weist Ulrich Näke auf taz-Anfrage jede Schuld von sich: „Ich habe mich als Erster für Nutzungseinschränkungen der CEMT-Lizenzen eingesetzt.“ Auch die belastende E-Mail von Joachim Fixemer könne er sich nicht erklären: „Ich habe nur ein Mal mit Herrn Fixemer gesprochen und keine Kontakte zu der Firma gehabt.“

Noch steht Aussage gegen Aussage. Ministerialrat Näke ist bis heute im Amt. Ein internes Ermittlungsverfahren soll nach Angaben der Autoren im vergangenen Oktober bereits eingeleitet worden sein. Doch schon dessen Existenz will das Bundesverkehrsministerium offenbar nicht einräumen. Eine entsprechende Anfrage der taz aus der vergangenen Woche blieb bis gestern unbeantwortet.