LESERINNENBRIEFE
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Kein Geld für Zahnersatz

■ betr.: „Das sinnlose Sparen der Griechen“, taz vom 4. 3. 10

Jeden Tag lesen wir informative Artikel über Griechenland in der taz, aber eine Frage bleibt: Warum fällt das Wort Rüstung nie bei der Liste von notwendigen Sparmaßnahmen? Wie viele der Waren für 6,7 Milliarden Euro, die Deutschland an Griechenland lieferte, waren Rüstungsaufträge? Ich meine mich zu erinnern, dass Griechenland einen riesigen Rüstungsetat hat. Könnten nicht griechische Schulden gezahlt werden durch den Verkauf von gebrauchten Rüstungsgütern, durch Stopp von Rüstungsaufträgen und durch Spriteinsparungen im Militärbereich? Dann müssen weder Inseln verkauft werden noch die Löhne und Gehälter gekürzt werden. Ich würde mir einen Artikel zum Beispiel von Otfried Nassauer (taz vom 23. 2.) zu dem Thema wünschen. Es gibt den feinen Demospruch „Bis an die Zähne bewaffnet, aber kein Geld für Zahnersatz“. Passt der nicht sehr gut zu Griechenland? Zu uns natürlich genauso!FRIEDERIKE BERKING, Heidesee

Männer-Kirche

■ betr.: „Kirche muss weiter sühnen“,taz vom 27. 2. 10

Die antike katholische Männer-Kirche hat seit 1.900 Jahren Probleme mit der Sexualität. Seit Paulus die Jesus-Humanität verfälschte, Geschlechtlichkeit als Sünde deklarierte und aus den Idealen eine hierarchische Staatskirche machte, die von Doppelmoral geprägt ist. Die Diskriminierung der Sexualität und außerehelicher (vom Beichtklerus unkontrollierter) Beziehungen hat eine so lange Geschichte, dass man sich nur wundern kann, dass sich über die katholische Pädophilie und homosexuelle Priester jemand wundert. Der höchst fehlbare, abgehobene Papst hat noch vor zehn Jahren die Homosexuellen zutiefst diskriminiert. Es handelt sich um systematischen, irrationalen Umgang mit Sexualität. HANS GRAEF, Bretzfeld

Nur 4 Prozent

■ betr.: „Und sie bewegen sich doch“,taz vom 27. 2. 10

Wie in diesem, so auch in anderen taz-Artikeln und Kommentaren wurde ein kausaler Zusammenhang zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch unterstellt. Woher diese geglaubte Evidenz? Ich möchte beispielsweise auf Wunibald Müller verweisen, der sich als Theologe und Therapeut seit vielen Jahren mit dem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche beschäftigt. Laut Müller trifft das Fehlverhalten auf circa 4 Prozent des Klerus zu, das heißt, etwa 96 Prozent verhalten sich korrekt, trotz Zölibat. Rund 90 Prozent der Fälle von sexuellem Missbrauch finden in der Familie und Verwandtschaft statt, also in einem zweifellos nicht zölibatären Kontext. ANDREAS HÖRMANN, Frankfurt am Main

Hitlerbärtchen, Komma, Strich …

■ betr.: „Der hetzende Holländer“, taz vom 5. 3. 10

„Hitlerbärtchen, Komma, Strich: Fertig ist das Sackgesicht“ – super, nach diesem Motto haben bereits die Niederländer die politische und journalistische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Wilders versucht und ihn der Volksverhetzung angeklagt. Mit dem sagenhaften Erfolg, dass Wilders’ Ein-Mann-Partei PVV plötzlich in den Umfragen ganz nach oben kletterte. In den Niederlanden wurde jahrzehntelang über die Diskussion, wie eine Gesellschaft mit hohem Migrantenanteil gestaltet werden kann, was der Mehrwert von Europa ist und warum man – wenn auch nur in kleinen Häppchen – Entwicklungshilfe leisten müsse, die politische Käseglocke gestülpt. Mit dem Ergebnis, dass vor allem das linke und liberale Lager bei unseren Nachbarn bis heute keine überzeugenden Antworten auf diese Fragen hat und visionär im Dunkeln tappt. Leider scheint eine sachliche Auseinandersetzung zumindest in den Niederlanden auch nicht mehr möglich, denn längst reicht es Wilders und Co völlig, nur zu karikieren: „Koran und Kopftuch, Komma, Strich: Fertig ist das Arschgesicht.“ Also, in Holland brechen bereits die Deiche, bereiten wir lieber Antworten vor, bevor aus dem Westen Wellen rüberschwappen! JAN-HENRY WANINK, Münster

Titelbild mit „Blauer Bock“-Aura

■ betr.: „Weiß seine ‚Bunte‘-Frau davon?“, taz vom 4. 3. 10

Wie kann es sein, dass ein Herr Markwort so wichtig ist, dass er auf dem Titelblatt der taz in Polkamanier mit „Blauer Bock“-Aura abgebildet wird? Dieses Titelblatt ist vollkommen uncool und überflüssig. Nicht jede Nachahmung bekommt automatisch eine ironisierende Wirkung. Hier handelt es sich um eine plumpe Verdoppelung, ohne Erkenntnis und Witz, ohne Spielraum durch gebührenden Abstand. Wir lesen die taz, weil wir so etwas in der Regel hier nicht sehen müssen, und hoffen, dass dies zukünftig auch wieder so sein wird. SIBYLLE RECKE, HERBERT LEUPOLDT, Berlin

taz.de LeserInnenmeinung der Woche

Man muss sich von der Gewohnheit verabschieden, die Grünen dem „linken Lager“ zuzuschlagen. Das gilt für die Länder und in erhöhtem Maße natürlich auch für den Bund.

USER UWE-JÜRGEN NESS ZU „SCHWARZ-GRÜN IST EINE OPTION“