Denkmäler am Pranger

GAL schlägt Kolonialpark für Harburger Schlossinsel vor. In der Nähe wurden durch Gewalt und Ausbeutung gewonnene Rohstoffe verarbeitet

Viele finden, dass unbeliebte Denkmäler nicht versteckt werden sollten

Von GERNOT KNÖDLER

Für den, der die Zeichen zu deuten vermag, ist die Kolonialgeschichte in Hamburg so präsent wie in kaum einer anderen Stadt in Deutschland. Ob Afrika-Haus, und Bernhard-Nocht-Institut, O‘swaldkai, Wißmannstraße, Dominikweg und Woermannsweg – die überseeischen Verbindungen haben sich auf dem Stadtplan niedergeschlagen. Dass sich mit diesen Namen nicht nur friedlicher Handel, sondern auch gewaltsame Ausbeutung verbindet, hat die GAL jüngst mit einer Dokumentation belegt. Morgen bringt sie einen Antrag in die Bürgerschaft ein, der dieses Erbe sichtbar machen soll.

Im Zentrum steht der Vorschlag, den ohnehin geplanten Park am Harburger Schloss dieser Aufklärung zu widmen. „Wir wollen hier eine Geschichte erzählen“, sagt der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Claudius Lieven. Die Harburger Fabriken verarbeiteten einst den Kautschuk und das Palmöl, das die Hamburger Kaufleute aus den Kolonien holten. Firmennamen wie „Phoenix“ und Gebäude wie der Palmspeicher zeugen davon.

In dem Park soll das Denkmal des Kolonialoffiziers Hermann von Wißman aufgestellt werden, das bis vor kurzem an den Landungsbrücken zu sehen war. Als Reichskommissar für Ostafrika schlug Wißmann 1888 bis 1891 den dortigen Aufstand der Araber nieder. Nachdem sein Standbild 1968 von seinem Sockel vor der Uni Hamburg gestürzt worden war, lagerte es Jahrzehnte im Keller der Sternwarte Bergedorf neben dem ebenfalls gestürzten Ebenbild Hans von Dominiks.

Der Major schlug 1904 in Kamerun einen Aufstand von Eingeborenen gegen die Ausbeutung durch die deutschen Kautschukgesellschaften nieder. Zu beiden Denkmälern könnte sich eine Figurengruppe gesellen, die derzeit in Aumühle an den Feldzug des Generals Paul von Lettow-Vorbeck in Ostafrika während des Ersten Weltkrieges erinnert.

Die Künstlerin Jokinen will die Denkmäler im künftigen Harburger Schlosspark zum Gegenstand einer künstlerischen Dekonstruktion machen. Als Beispiel hierfür gilt ihr der Szoborpark in Budapest, in dem Dutzende von sozialistischen Statuen ausgestellt sind und die durch ihre absurde Versammlung an einem Ort ihres Pathos beraubt würden. Nach den Vorstellungen Jokinens sollten sich Künstler und Besucher auf ständig wechselnde Weise mit den Kolonial-Standbildern auseinander setzen. „Es können die lebenden Körper der Besucher in Interaktion treten mit den Denkmalkörpern“, sagt sie.

Praktiziert hat Jokinen das in kleinem Rahmen, indem sie das Wißmann-Denkmal aus dem Keller holte und am Hafentor nicht weit vom Lokal „Pupasch“ aufstellte. Viele tausend irritierte Besucher lasen die erläuternde Texttafel. Das Denkmal wurde beschmiert und beschädigt. Ende 2005 verschwand es wieder in der Versenkung. 95 Prozent der Teilnehmer an dem begleitenden Internetprojekt www.afrika-hamburg.de seien der Meinung, „dass unbeliebte Denkmäler nicht versteckt werden sollten, weil dann die Epoche, die sie repräsentieren, in Vergessenheit gerät“, schreibt die Künstlerin.

Für die GAL könnte sich der Kolonialpark samt erläuternder Ausstellung in die künftige Museenkette des Hafens einreihen, die mit Tamms Marinemuseum in der Hafencity beginnt und im Harburger Binnenhafen enden würde.