Nackt hinter Gittern

Justizbehörde räumt auch dritten Fall von Entkleidung und Fesselung Gefangener in Hamburger Knästen ein

Scheibchenweise rückt die Justizbehörde mit der nackten Wahrheit heraus. Einen dritten Vorfall, in dem ein Strafgefangener in einem Hamburger Gefängnis entkleidet und gefesselt wurde, hat ihr Sprecher Carsten Grote gestern bestätigt. Er gehe davon aus, „dass die Beamten rechtmäßig gehandelt haben“. Zwei weitere Fälle hatte die Behörde bereits am Sonntag eingeräumt.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass mindestens drei Mal Gefangene in den Haftanstalten Fuhlsbüttel und Billwerder sowie im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis bis zu 20 Stunden lang nackt auf Fesselbetten fixiert wurden (taz berichtete). Konkrete Begründungen für das Vorgehen gab es nicht. Die Betroffenen seien „renitent“ gewesen oder hätten „randaliert“.

Nach dem Strafvollzugsgesetz ist die Entkleidung und körperliche Durchsuchung von Gefangenen nur „bei Gefahr im Verzug“ erlaubt. Diese Einschätzung darf nicht auf bloßen Vermutungen beruhen, sondern muss sich auf Tatsachen begründen. Fesselungen sind nur bei Fluchtgefahr, Gewalttätigkeiten oder Suizidgefahr gestattet.

Justizsenator Roger Kusch (CDU) lobte gestern die „großartige Arbeit“ der Bediensteten im Strafvollzug. Es sei „schwer erträglich, ihre Arbeit in den Kontext menschenunwürdiger Zustände zu stellen“. Gleichwohl habe die Justizbehörde gestern damit begonnen, „sämtliche Akten zu durchforsten“ aus den vergangenen zehn Jahren – also bis zurück in die Zeiten, in denen SPD oder Statt-Partei den Justizsenator stellten.

Alle Fälle würden überprüft, in denen Durchsuchungen und Fesselungen von Strafgefangenen angeordnet worden waren. Nach Abschluss der Untersuchungen unter der Leitung von Justizstaatsrat Carsten Lüdemann (CDU) werde die Behörde „einen umfassenden Bericht“ vorlegen. SVEN-MICHAEL VEIT