Die alte Frau und der Knast

Das Landgericht verurteilt eine 70-jährige Frau zu drei Jahren Haft. Die Rentnerin hat vor drei Jahren zwei Banken überfallen und dabei gut 8.000 Euro erbeutet. Als Motiv nennt sie Überschuldung. Verteidiger plädiert vergeblich auf Bewährungsstrafe

VON MARIA DALDRUP

Zu drei Jahren Gefängnis ist die wohl älteste Bankräuberin Berlins verurteilt worden. Das Landgericht hielt die 70-jährige Regina L. der schweren räuberischen Erpressung für schuldig. Die Rentnerin hatte 2003 in einer Sparkasse 8.130 Euro erbeutet. Ein weiterer Überfall auf eine Post war erfolglos geblieben.

31 Monate hatte die Polizei nach der Täterin wegen des erfolgreichen Überfalls gefahndet. Erst im November 2005 kam der entscheidende Hinweis von einem Gastwirt in Pankow, der sie anhand eines Fahndungsfotos erkannt hatte. Unmittelbar nach ihrer Festnahme hatte die Frau die Tat zugegeben und zusätzlich auch den zweiten Überfall gestanden. Den hatten die Fahnder ihr gar nicht angelastet.

Im Gerichtssaal saß die dreifache Mutter und Großmutter gestern „recht elend auf der Anklagebank“, so die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Auch bei ihren Überfällen scheint Regina L. eher zögerlich vorgegangen zu sein. Die Frau habe eine „nette, freundliche, aufgeregte und ängstliche Art“ gehabt, berichtet eine Angestellte der ausgeraubten Sparkasse vor Gericht. Erst als sie den Alarmknopf betätigte, habe die damals 68-Jährige „die Nerven verloren oder so“. Die Rentnerin habe ihre Waffe gezogen, dann aber eher bettelnd das Geld eingefordert: „Bitte, bitte, packen sie es ein.“ Kurz danach sei die Frau geflüchtet. „Professionell ist es auf keinen Fall gewesen“, meinte die Sparkassenangestellte. Unprofessionell war auch die Maske der Rentnerin. Trotz Brille, Perücke und Mütze konnte eine Überwachungskamera das Foto liefern, das die Frau später überführte.

Der zweite Überfall auf eine Post in Mariendorf ging völlig in die Hose. Einen „geistig minderbemittelten Eindruck“ habe die Frau gemacht, sagte eine Postbeamtin vor Gericht. Deshalb habe sie Regina L. auch nicht ernst genommen, als diese einen Zettel mit dem Satz „Bitte Geld in großen Scheinen, ich bin bewaffnet mit Pistole und Nervengas“ vorgelegt habe. Die Beamtin zerknüllte das Papier und warf es in den Mülleimer. Regina L. verließ die Postfiliale – ohne Geld.

Auch ein Kunde der Post beschrieb vor Gericht das Vorgehen der Frau als „eher harmlos“. Ein medizinischer Gutachter schätzte Regina L. als ängstlich ein und formuliert eine Reihe von Krankheitsbildern: Alkoholismus, Depression, Messietum.

Die Angeklagte zeigte sich vor Gericht reumütig und gefasst. Sie sei mit der Bewältigung ihrer Schulden in Höhe von 50.000 Euro nicht klar gekommen. Sie habe noch nie gut mit Geld umgehen können. Mit der Beute habe sie nicht in Saus und Braus leben, sondern ihre Schulden abbezahlen wollen.

Der Verteidiger bat um eine Bewährungsstrafe. Auch in Ermittlerkreisen war angesichts des Alters und des Geständnisses der Frau mit einem milden Urteil gerechnet worden. Die Staatsanwältin lobte zwar das Geständnis und die Aufrichtigkeit der Angeklagten, allerdings sei die Beweislast auch überwältigend gewesen. Sie bestand daher auf einer Haftstrafe. Auch der Richter betonte, dass man „keinen Freifahrtschein ausstellen“ könne, nur weil die Frau über 70 sei. Normalerweise stünden acht Jahre Haft auf Bankraub.