DIE MUSIKKRITIK
: Populärer als Steinbrück

WAHLKAMPF-POP Ein SPD-Direktkandidat entdeckt die Kraft der Musik – und veröffentlicht den „Harzer Septemberwind“

Die Umfrageergebnisse sind mau, der Kanzlerkandidat stolpert in jeden Fettnapf – aber nun naht Hoffnung für die SPD. Denn Mario Hennig, Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 68 (Harz und Aschersleben) hat die Macht der Musik entdeckt.

Sein Wahlkampfsong „Harzer Septemberwind“ spricht ein denkbar breites Wählerspektrum an: Der Orgelrhythmus geht zwar eher in krampfaderngeplagte Beine. Aber die Synthesizerflächen, die der Komponist, Sänger und Ex-Musiklehrer Rainer Günther als Hauptelement wählte, zitieren so ironisch den wieder angesagten Pop der Achtziger, dass auch Junge mitgerissen werden.

Vor allem textlich spricht Günther in Hennigs Namen so brennende politische Fragen an, dass die Stimmabgabe im Wahlkreis 68 eigentlich keine Frage mehr sein kann: vom Klimawandel („Der Sommer, der wird heiß“) über die Gerechtigkeitslücke („Mario ist ein Garant / Für ein sozial gerechtes Land“) bis zur Zukunftsfähigkeit des ganzen Landes („Wir ziehen mit viel Fleiß mit dem Septemberwind / Der uns die Zukunft bringt“).

Dann verstummt die Musik, wird ersetzt von einem 20-sekündigen Knuspern, das klingt wie die Auslaufrille einer Schallplatte. Dieses Symbol eines Konservatismus wischt Günther mit der letzten Reprise der Zeile „Ja, an die Spree / Wählt SPD!“ weg.

Schon mehr als 700 Menschen haben sich „Harzer Septemberwind“ auf YouTube angehört, und noch hat das Lied keinen einzigen, also auch keinen negativen Kommentar eingefahren. Eine Bilanz, von der Steinbrück nur träumen kann. THOMAS WINKLER