Vizekanzler Müntefering setzt sich durch

Weniger Einsparungen bei Arbeitslosen im Bundeshaushalt 2006 als ursprünglich geplant. Finanzminister Peer Steinbrück legt seinen ersten Etatplan vor und vermeidet die Eichel-Falle: Ein Haushalt ganz ohne Schulden wird nicht mehr angepeilt

VON HANNES KOCH

Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) hat sich bei den Haushaltsverhandlungen für 2006 durchgesetzt. Entgegen den ursprünglichen Absichten der großen Koalition spart Müntefering bei den Arbeitslosen nicht 3, sondern nur 1,5 Milliarden Euro ein. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) begnügte sich gestern mit dem Hinweis: „Wir werden gemeinsam sehen müssen, ob das reicht.“ Morgen berät das Bundeskabinett über den ersten Haushalt, den Steinbrück vorlegt.

Ein Teil der Kürzungen in Münteferings Etat betrifft das Arbeitslosengeld II für junge erwachsene Erwerbslose. Mit rund 3,5 Milliarden bleibt der Arbeitsminister wohl auch 2007 unter dem angepeilten Sparziel von 4 Milliarden Euro. 119,5 Milliarden Euro stehen Müntefering im kommenden Jahr zur Verfügung – der größte Einzelposten des Bundeshaushalts, der insgesamt Ausgaben von 261,7 Milliarden Euro umfasst.

Der Etat für Bildung und Forschung sinkt von rund 8,5 Milliarden Euro in 2005 auf 8 Milliarden. Der Grund: Sechs Referate für Verkehrs- und Raumfahrttechnologie wechseln vom Bildungs- ins Wirtschaftsministerium. Die Summen für Ganztagsschulen und Eliteuniversitäten bleiben gleich. Die Mittel für Forschung und Entwicklung steigen an, weil der Bund ein Extraprogramm in Höhe von 6 Milliarden Euro auflegt.

Im Etat für Wirtschaftliche Zusammenarbeit von Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ist eine Zunahme um rund 300 Millionen Euro zu verzeichnen. Dies beruht auf dem Versprechen der Bundesregierung, die Mittel für Entwicklungspolitik zu erhöhen.

Insgesamt ist Steinbrücks erster Haushaltsentwurf gekennzeichnet durch das Bestreben, den Stabilitätspakt von Maastricht wieder einzuhalten. Während das Defizit von Bund, Ländern und Sozialversicherung in diesem Jahr bei 3,25 bis 3,5 Prozent liegen soll, ist eine Absenkung auf 2,5 Prozent im Jahr 2007 geplant. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hans Eichel hat Steinbrück auf die Ankündigung verzichtet, irgendwann ohne neue Schulden auszukommen.

Während dieses Jahr zusätzliche Kredite im Bundeshaushalt von 38,3 Milliarden Euro veranschlagt werden, sinkt die Neuverschuldung bis 2009 auf 20 Milliarden Euro. Steinbrück sieht seinen Etatplan als einen „Haushalt des Übergangs“, der den finanziellen Spielraum des Staates deutlich erweitere. In diese Richtung wirken u. a. die Einnahmeverbesserung durch die dreiprozentige Erhöhung der Mehrwertsteuer und diverse Einsparungen im Bereich der sozialen Sicherung. Dazu gehören geringere Zuschüsse an die Krankenversicherung und die Arbeitsagentur.