„Symbolik und Inhalt trennen“

Die extreme Rechte hat den Black Metal entdeckt. Buchautor Christian Dornbusch spricht im taz-Interview über „Unheilige Allianzen“ und das eigenwillige Politikverständnis innerhalb der Szene

INTERVIEW: HOLGER PAULER

taz: Herr Dornbusch, ist Black Metal faschistisch?

Christian Dornbusch: Es gibt Verbindungen zwischen Black Metal und der NS-Ideologie. Black Metal ist destruktiv und okkult ausgeprägt, das System des Nationalsozialismus, vor allem der Massenmord an den europäischen Juden und der Zweite Weltkrieg, faszinieren sie und bieten Anknüpfungspunkte. Der Großteil der Szene versteht sich aber unpolitisch.

Woran kann man die braune Minderheit erkennen?

Wir müssen hier zwischen Symbolik und Inhalten trennen. Black Metal-Bands bedienen sich der Symbole des Nationalsozialismus, teilweise ohne sich explizit auf die ideologischen Inhalte zu beziehen. SS-Zeichen gelten als chic und nicht als rechts. Das Martialische, die Begeisterung für das Militärische kommt in der Szene gut an. Seit 1993 gibt es eine Strömung, die sich auch inhaltlich auf die NS-Zeit bezieht. Die Wurzeln liegen in Norwegen. Vor allem der nordisch-germanische Aspekt spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

Treten die Musiker offen fremdenfeindlich auf?

Die Black Metal-Szene tut sich schwer das zu zugeben. Das liegt auch an dem sehr engen Begriff von Politik: Nur wenn explizit NS-Inhalte auf die Bühne gebracht werden, gelten Black Metaller als „rechts“. Interviews gelten nur als private Meinung.

Wie groß ist die NRW-Szene?

Sie ist wesentlich kleiner als zum Beispiel in Thüringen. Seit drei, vier Jahren haben sich vor allem das Ruhrgebiet und Ostwestfalen als Schwerpunkte etabliert. Im September 2005 erschien hier die siebte Ausgabe des Fanzines „Blutvergießen“. Interviews, Reviews und offen rechtsextreme, antisemitische ideologische Artikel sind dort abgedruckt. Das Heft hat nur eine Auflage von 700 Stück, war aber innerhalb von zwei Wochen ausverkauft. Ein Zeichen, dass eine ernst zu nehmende Szene existiert.

Kürzlich gab es in Essen ein Black Metal Konzert gegen das auch die örtliche Antifa mobilisiert hatte. Nehmen derartige Veranstaltungen zu?

Black Metal Konzerte gibt es seit Jahren im Ruhrgebiet. Das angesprochene Festival war typisch für den Zwiespalt der Black Metal-Fans. Während des Konzerts der band „Helrunar“ aus Münster gab es im Publikum eine Gruppe von Leuten, die den Hitler-Gruß gezeigt haben, die Band hat sich hinterher im Interview von diesen Fans distanziert...

Gibt es direkte Beziehungen zur extremen Rechten in NRW?

Ja, aber noch sind sie nicht so ausgeprägt. Beispiele sind das Fanzine „Blutvergießen“ oder die Band „Halgadom“, ein Projekt von Frank Krämer, Bandmitglied der Neonazistischen Skinhead-Band „Stahlgewitter“. Ansonsten gibt es kaum Verbindungen zur organisierten Szene. Auf rechten Demos tauchen auch vermehrt Leute mit einschlägigen Black Metal T-Shirts auf.

Welche Rolle spielt die Darkwave Szene?

Musikalisch gibt es keine Überschneidungen. Bedingt jedoch ideologische. Der angesprochene Frank Krämer gilt als ein Kopf der Szene. Auch in Teilen der Darkwave-Szene existieren ästhetische Anknüpfungspunkte an die NS-Zeit. Dennoch muss man Darkwave und Black Metal unabhängig voneinander sehen.

Gibt es Strategien der Metal Szene, gegen rechtsextreme Bestrebungen vorzugehen?

Diskussionen finden durchaus statt. Wir wollen mit unserem Buch dazu beitragen und eine gewisse Grundübersicht liefern. Die Auseinandersetzung muss aber in der Szene statt finden.

Christian Dornbusch, Hans-Peter Killguss: Unheilige Allianzen – Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus, Münster 2005www.unrast-verlag.de