Im Fadenkreuz der neuen Intoleranz

In Köln diskutieren Eltern und Schüler iranischer Herkunft über wachsende Feindseligkeit seit dem Karikaturenstreit

Die Fernsehbilder von antiwestlichen Demonstrationen in Syrien, Libyen oder Indonesien sorgen neuerdings für dicke Luft auch an Kölner Schulen. Seit der Karikaturenstreit die deutschen Medien dominiert, hat nach Beobachtungen von Schülern und Eltern aus der iranischen Community in Köln die Feindseligkeit gegenüber Kindern ausländischer Herkunft spürbar zugenommen. „Ihr Araber seid ein intolerantes Volk“, mussten sich SchülerInnen aus Köln und dem Umland in letzter Zeit häufiger von Lehrern und Mitschülern anhören, berichtete am Sonntagabend die 15-Jährige Alale bei der Diskussionsveranstaltung „Wir Iraner in Deutschland“, die gut 30 Kölnerinnen und Kölner iranischer Herkunft ins Bürgerzentrum Nippes gelockt hatte.

„Man kennt uns zu wenig in Deutschland, und das können nur wir selbst ändern“, stellte in seinem Eingangsreferat Faramarz Khiabani fest. Der 50-jährige Werbefachmann, der seit 35 Jahren in Deutschland lebt, hat sich daran gewöhnt, als „Perser“ fälschlicherweise für einen Araber gehalten zu werden. Wenn aber jetzt Kinder und Jugendliche mit deutscher Staatsangehörigkeit in einen „Kampf der Kulturen“ einbezogen würden, nur weil sie schwarze Haare hätten, müsse man „offensiv aufklären, wer wir sind, woher wir kommen und warum wir hier sind“, so Khiabani. Und versuchen, den iranischstämmigen Jugendlichen Selbstsicherheit einzuimpfen für den verbalen Schlagabtausch auf dem Schulhof.

Einen „Kampf der Kulturen“ vermag die Kölner Gymnasiastin Nilufar in dem Karikaturenstreit nicht zu sehen. „Die Karikaturen in der dänischen Zeitung waren doch nur Mittel zum Zweck, und auch die empörten Reaktionen in der muslimischen Welt scheinen mir gesteuert zu sein“, meinte die 14-Jährige. „Man kann mit Nachrichten genauso scharf schießen wie mit einer Kalaschnikow“, pflichtete ihr der Kölner Mathematiklehrer Kamal Aras bei. „Es gibt keinen ‚Kampf der Kulturen‘“, so Aras. „Der Mob, der da in manchen muslimischen Ländern tobt, ist nicht die ägyptische, syrische oder iranische Kultur, sondern eben ein Mob.“

„Wir sind für viele Deutsche momentan die Wilden“, hatte Faramarz Khiabani anfangs mit säuerlichem Lachen festgestellt. „Möglich, aber wir dürfen nicht auf die gleiche Art reagieren“, sagte die 14-jährige Nilufar. Sie habe sich bislang stets privilegiert gefühlt, dass sie in Deutschland aufwachsen könne. „Wir Jüngere sollten uns jetzt nicht einigeln. Isolation ist Gift für das Zusammenleben.“ HENK RAIJER