HAMBURGER SZENE VON KAI VON APPEN
: Entleerte Innnenstadt und Bargeldreserven

Wenn man die Landesbank ausraubt, erbeutet man doch nur Schulden

Es ist einer der ersten lauen Sommerabende in diesem Nicht-Sommer: In der Innenstadt haben gerade die Geschäfte geschlossen, aber noch herrscht dezentes Treiben. Am Mönckebrunnen pfeift ein Mann auf einer Flöte Songs wie „El condor pasa“ oder „Time to say goodbye“. Es ist durchaus ein Tag, um noch mal einen Stopp im Biergarten des Restaurants vor der Landesbank-Galerie einzulegen.

In der Tat gibt es hier viel zu sehen. Locker gekleidete Touristen in Shorts und Flip-Flops mit dem Stadtplan vor der Nase, die ihr nächstes Ziel ansteuern. Eine Crew steif gekleideter Manager, die sich von einer Frau im Nadelstreifenkostüm mit einem Navigationssystem im iPhone den Weg weisen lässt. Die letzten aufgestylten Shopping-Lustigen flanieren mit ihren kleinen Einkaufstüten vorbei. Dann taucht eine Gruppe junger Frauen auf – alle nur in schwarzen Korsetts gekleidet und auf Mega-High-Heels, die für eine Single-Abschiedszeremonie der Freundin Geld sammeln.

Obwohl der vordere Teil des Galerie-Komplexes, in dem sich das Vattenfall-Kundenzentrum befunden hat, bereits komplett entmietet wurde, weil dort ein Investor den Gerüchten nach eine Ladenpassage plant – ein Computer- und der Accessoire-Laden mussten verschwinden –, muss der Kellner den Biergarten um 22 Uhr schließen. „Ich habe schon acht Kunden an die Konkurrenz verwiesen“, klagt der Mann in Schwarz. „Heute wäre hier bis 24 Uhr richtig Trubel.“ Warum, fragt ein Gast erstaunt? „Aus Sicherheitsgründen“, sagt der Kellner. „Wieso, die Landesbank ist doch eh Pleite“, mischt sich vom Nachbartisch ein weiterer Mann in das Gespräch ein. „Wenn man die Landesbank ausraubt, erbeutet man doch nur Schulden“, sagt er. Obwohl die Bank hoch verschuldet sei, habe sie neben der Landeszentralbank an der Ost-West-Straße immer noch die größten Bargeldreserven der Stadt im Keller gelagert, erwidert der Kellner. „Darum die strikten Auflagen.“

Ein Einwohner mischt sich wütend ein. „Das darf doch nicht wahr sein“, sagt er. Da hole die Stadt schwachsinnige Events wie die Harley Days und den Schlagermove nach Hamburg und beschwere sich, dass die City an manchen Tagen ausgestorben sei. „Und wenn man dann gepflegt abends im Freien essen möchte, dann geht das nicht.“ Der Kellner wird ganz kleinlaut: „Dafür kann ich doch nichts.“