Konrads Gegner

Bauer Traube, die Stadt Salzgitter und die Gemeinden Lengede und Vechelde haben dasselbe Ziel: Sie wollen die Genehmigung fürs Endlager in der Eisenerz-Grube gerichtlich aus der Welt schaffen

von Reimar Paul

Ihr Hof liegt am Ortsrand von Salzgitter-Bleckenstedt, nur ein paar hundert Meter entfernt vom Förderturm des stillgelegten Eisenerzbergwerks Konrad. Sollte dort eines Tages Atommüll eingelagert werden, so befürchtet die Familie Traube eine radioaktive Belastung und damit einen Wertverfall ihrer Produkte. Walter Traube erhob deshalb Klage gegen Konrad. „Ich will den Hof so erhalten, dass auch noch meine Kinder hier Landwirtschaft betreiben können“, sagt der 43-Jährige.

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg verhandelt am 28. Februar und am 1. März über die Klagen gegen das geplante Endlager in Salzgitter. Am ersten Verhandlungstag werden die Klagen der Stadt Salzgitter sowie der Gemeinden Lengede und Vechelde verhandelt, am zweiten die der Familie Traube. Ihr gemeinsames Ziel: dass der Planfeststellungsbeschluss fürs Endlager für rechtswidrig erklärt wird. Die niedersächsische Landesregierung unter Ministerpräsident Sigmar Gabriel hatte 2002 die Genehmigung zur Einlagerung erteilt. Der Antragsteller, das Bundesamt für Strahlenschutz, verzichtete damals auf einen Sofortvollzug. Das heißt, die anhängigen Klagen haben bis zum Gerichtsentscheid aufschiebende Wirkung.

Das Endlager soll laut Genehmigung bis zu 300.000 Kubikmeter schwach Wärme entwickelnde Abfälle aufnehmen. Das beinhaltet alle Arten von Atommüll außer abgebrannten Brennelementen von Reaktoren. „Genehmigt ist zum Beispiel auch die Einlagerung von 875 Kilogramm Plutonium“, sagt Peter Dickel von der atomkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad. Die viel zitierten „medizinischen Abfälle“ machen dagegen nur rund zwei Prozent aus.

Die Kläger sollen mit dem Risiko nicht alleine gelassen werden. Zur finanziellen Unterstützung haben Atomkraftgegner einen Rechtshilfefonds ins Leben gerufen: Prozesskosten für Anwälte und Gutachter von bis zu 150.000 Euro müssen allein fürs Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht aufgebracht werden. Rund 300 Einzelpersonen, Kirchengemeinden und das Landvolk haben schon gespendet. Auch die IG Metall in Salzgitter beteiligt sich an der Klagefinanzierung mit einer eigenen „Aktion Sorgenschacht“. Ungewöhnlich für einen Atomstandort, hatten sich die Metallgewerkschafter schon im Mai 2000 mit einer Arbeitsniederlegung gegen Konrad positioniert.

Die niedersächsische Landesregierung macht seit Monaten mächtig Druck für eine rasche Einlagerung von Atommüll in der früheren Eisenerzgrube. Schacht Konrad müsse so schnell wie möglich in Betrieb genommen werden, fordern unisono Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und sein Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Auch bei einem Besuch im vergangenen Jahr drängelte Sander: „Nach Ablauf der Gerichtsprozesse muss die Anlage eröffnet werden“, sagte der Minister. Vor den Kameras am Schachtgelände posierte er anschließend mit einem gelben T-Shirt, auf das ein Radioaktivitätszeichen und der Spruch „kerngesund“ aufgedruckt waren. Niedersachsens Regierungsparteien wollen mit ihrer Kampagne auch das Ein-Endlager-Konzept der SPD knacken: Sozialdemokraten und Grüne hatten während ihrer Regentschaft im Bund vereinbart, dass es für alle Arten radioaktiver Abfälle nur ein einziges Endlager geben soll. Die SPD übernahm diese Position in die Koalitionsverhandlungen mit der CDU, die auf getrennte Endlager für stark und weniger stark strahlenden Abfall setzt.

Die Atomkraftgegner sind indes davon überzeugt, dass der Streit um Schacht Konrad mit einer Gerichtsentscheidung noch nicht zu Ende ist. „Unser Widerstand ist sicher nicht so spektakulär wie in Gorleben, aber wir sind viele, und wir haben einen langen Atem“, versichert Dickel. Während des Planfeststellungsverfahrens hätten fast 300.000 Menschen Einwände gegen ein Endlager Konrad erhoben.

Verhandlung: OVG Lüneburg, 28.2. und 1.3., jeweils 9.30 Uhr