Das muss kesseln!!!

Die nicht verkaufte Braut ProSiebenSat.1 präsentiert nach der geplatzten Hochzeit mit Springer blendende Zahlen – und ein Sender-Sorgenkind

aus München MAX HÄGLER

Es war fast so schön wie in den guten Zeiten der New Economy: gute Laune, tolle Zahlen. Strahlende Gesichter bei der Bilanzpräsentation in der Konzernzentrale von ProSiebenSat.1 Es hätte natürlich alles noch schöner werden sollen: Die Vorstände wollten den erfolgreichen Verkauf an Springer vermelden und davon sprechen, dass nun zusammenwächst, was zusammengehört. Doch nun muss es auch so reichen, ohne Springer-Verlag, der den geplanten Deal Anfang Februar abblies.

Und es reicht, bisher. 2005 war das erfolgreichste Jahr der Konzerngeschichte. Der Umsatz stieg um 8,4 Prozent auf 1,99 Milliarden Euro, der Jahresüberschuss kletterte um satte 18 Prozent auf gut 220 Millionen Euro. Die Braut hatte sich – unterstützt vom endlich wieder anziehenden Werbemarkt – fein gemacht für die Heirat mit Bild-Zeitung und Co. Inzwischen ist sie so schön, dass manche ihrer Väter gar nicht mehr traurig sind über die geplatzte Hochzeit.

Oder auf Managerdeutsch: „Die Transaktion hätte Sinn gemacht, aber ProSiebenSat.1 ist stand alone auch gut unterwegs und braucht nicht unbedingt eine Gesellschafterveränderung“, so gestern Vorstandschef Guillaume de Posch.

Vergessen die schwierigen Wochen, das heftige Buhlen des möglichen Gatten, der zwischenzeitlich sogar ProSieben aus der TV-Familie (Pro Sieben, Sat.1, N24, Kabel1 und 9Live) herauslösen und separat verkaufen wollte, um doch noch die Zustimmung der Kartellbehörden für den Deal zu ertrotzen.

Schließlich sei man nicht im Streit gegangen: „Ich habe mit Mathias gesprochen, er bleibt natürlich Aktionär“, sagte de Posch über das neue-alte Verhältnis zu Springer-Chef Mathias Döpfner. Auch der Brautvater – ProSiebenSat.1-Mehrheitseigner Haim Saban – ist laut de Posch alles andere als verärgert. „Wir haben uns letzte Woche getroffen und nur über Operatives gesprochen.“ Saban will am Ball bleiben, mittelfristig zumindest. Kein Wunder, die vorübergehend dem Heiratsmarkt entzogene Braut strahlt wie nie. „Mittlerweile rennen uns die Banken wieder die Türen ein und wollen ihr Geld loswerden“, sagt Finanzvorstand Lothar Lanz und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Die Zuschauer sind auch wieder da, zumindest für die TV-Gruppe insgesamt: 30,3 Prozent schalten aktuell ein. Doch ausgerechnet das Zugpferd ProSieben schwächelt – und könnte die Gruppe insgesamt ins Trudeln bringen. Am Vorabend der Bilanz-Pressekonferenz bröselt die bisherige Cash-Cow der Gruppe mit „Werner – Das muss kesseln“ auf ganze sieben Prozent Marktanteil – und liegt so gleichauf mit der kleinen Senderschwester Kabel 1. Die Rettung aus dem Tief heißt nun „ProSieben reloaded“. Blockbuster und die nächste Staffel von „Desperate Housewives“ im Herbst sollen spätestens 2007 den Marktanteil wieder auf zwölf Prozent heben.

Und auch in den alten neuen Märkten und Plattformen versuchen sich die TV-Stationen des Konzerns. Künftig werden sie live über T-Online im Internet zu sehen sein – und das ist wohl erst der Anfang eines neuen Fernsehzeitalters. „Wir haben theoretisch ein Investitionspotenzial von über einer Milliarde Euro“, so Lanz zur taz. „Wir werden natürlich nicht alles bei Experimenten auf den Kopf hauen, aber in Abstimmung mit den Aktionären sinnvoll investieren, eben in die Plattformen Online und Mobile.“ Fühlt sich irgendwie wie – New Economy an.