ROHSTOFF-POLITIK: AUS KRIEGS- WIRD WAHLKAMPFFINANZIERUNG
: Im Selbstbedienungsladen

Das Geschäft mit Kongos natürlichen Ressourcen hat zur Finanzierung eines der blutigsten Kriege der Welt beigetragen – diese Erkenntnis ist heute Allgemeingut. Seit 2003 sitzen Kongos Kriegsgegner in einer Regierung. Aber noch immer werden mit den Diamanten, Mineralien und Tropenhölzern des Landes krumme Geschäfte gemacht und die Einnahmen daraus veruntreut – von allen einstigen Kriegsparteien. Kongo ist ein Selbstbedienungsladen geworden. Jeder windige Geschäftsmann aus der ganzen Welt kann inzwischen einen Anspruch auf eine Bergbaulizenz im Kongo stellen – und wenn die Regierung nicht innerhalb von 30 Tagen dem Antrag widerspricht, gehört sie ihm. Das ist Ergebnis des UN-abgesicherten Friedensprozesses und der Weltbank-finanzierten Wirtschaftsreformen.

Das heillose Durcheinander, das daraus entsteht, ist gewollt. Aus Kriegsfinanzierung wird eben Wahlkampffinanzierung. Kurz vor den historischen Wahlen, die Kongo zur Demokratie führen sollen, wirft jede Exportgenehmigung, jede Bergbaukonzession, jeder Beratervertrag Geld für den Wahlkampf ab. Mit militärischen Mitteln werden zugleich in den Bergbauregionen potenzielle Wähler gefügig gemacht. Jeder Machthaber im Kongo nutzt diesen Weg zur finanziellen und politischen Unbeschwertheit. Und für die Bevölkerung bedeutet das: Die alten Machtverhältnisse bleiben intakt.

Es war ein mutiger Schritt des Kongo, 2004 eine Untersuchungskommission einzusetzen, um Staatsverträge aus Kriegszeiten nach diesen Gesichtspunkten zu durchleuchten. Von allen Seiten behindert, legte die „Lutundula-Kommission“ letztes Jahr einen denkwürdigen Bericht vor. Er wurde unterdrückt. Es bedurfte der Initiative einiger mutiger Politiker und Organisationen, ihn jetzt dennoch an die Öffentlichkeit zu bringen. Und es bedarf der tatkräftigen Unterstützung der ausländischen Geberländer, darunter auch Deutschland, damit das zu einem Umdenken auf internationaler Ebene führt. Wenn dies den mutmaßlichen Wahlsieger unter Kongos Kriegsfürsten stört – umso besser. DOMINIC JOHNSON