FRIEDA GRAFES LIEBLINGSFILME, IN IHREN WORTEN BESCHRIEBEN
: Wie Erich von Stroheim den Ruf Hollywoods als Babylon festigte

LIEBLINGSFILME Vom Western zur Horrorkomödie: Einige Tipps von Frieda Grafe zu ihren Lieblingsfilmen, die das Arsenal zeigt

Am Mittwoch beginnt im Arsenal-Kino der zweite Teil des ehrgeizigen Projekts „Wie Film Geschichte anders schreibt: Frieda Grafe – 30 Filme“. Die 30 Lieblingsfilme der wichtigen deutschen Filmkritikerin Frieda Grafe (1934–2002) werden in drei Tranchen gezeigt. Der erste Block fand im April statt, siehe dazu auch auch die taz vom 24. April. Der dritte Block ist für Oktober geplant. Zu den zehn Filmen, aus denen das Juli-Programm besteht, gibt es jeweils Einführungen von Klaus Theweleit, den Initiatoren der Reihe, Max Annas und Annett Busch, dem Filmkurator Chris Fujiwara und anderen. Wir dokumentieren hier in Auszügen, was Frieda Grafe selbst in ihren legendären, zuerst in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten „Filmtips“ zu einigen der Filme notierte, die jetzt zu sehen sein werden:

„Rio Grande, 1950, von John Ford. Der dritte von Fords Kavallerie-Western (1. Fort Apache, 2. Yellow Ribbon). Mit vielen Liedern, lyrics, Männerchören. Fast ein Melodram. Jedenfalls eine Familiengeschichte. Irland in der Gestalt von Maureen O’Hara und John Wayne als Kommißkopp, rechthaberisch, fies. Es gibt Stimmen, die so von Ford sprechen.“ (10. Juli, 19 Uhr)

Die lustige Witwe (The Merry Widow), 1925. Wie Erich von Stroheim eine harmlose Operette pervertierte und damit den Ruf Hollywoods als Babylon festigte.“ (10. Juli, 21.15 Uhr)

„Cormans Alptraum: ,Ich wache schweißgebadet auf, ich habe einen meiner Filme, meinen besten, total vergessen, und gerade der macht ein irres Geld, nur hab ich nichts davon, weil ich mich an nichts erinnern kann.‘ Durchaus denkbar bei seinen 48 Filmen, von denen ein paar in der Rekordzeit von zwei Tagen gedreht wurden: The Little Shop of Horrors, 1960.“ (11. Juli, 22 Uhr)

„Für die Italiener, für de Sica und Rossellini hat Pagnol mit Angèle (1934) den Neorealismus begonnen. Im Unterschied zu ihnen war er ein entschiedener Anhänger von Originalton. Um damit, weil er vom (Boulevard-) Theater kam, einen besseren, weiteren Theaterton zu machen. Den stilisierten realen Ton aus Südfrankreich, den hat Pagnol dem Kino gebracht – wie Südfrankreich den Bildern des späten Renoir die Tönung gab.“ (12. Juli, 19 Uhr)

It’s a Gift, 1934, von Norman Z. McLeod. Das ist der Film mit W. C. Fields, in dem er den Namen Karl La Fung auf seine unnachahmliche Weise buchstabiert und er einmal seinen Gemischtwarendrugstore schließen muß wegen einer Rübenkrautüberschwemmung. Closed on account of molasses.“ (12. Juli, 22 Uhr)

Ordet: Dreyer ist ein Ketzer. Der Titel heißt auf deutsch ‚Das Wort‘. Ein Film, in dem man den Glauben Berge versetzen sieht. ‚Im Anfang‘, sagt Dreyer, ‚war das Bild‘.“ (13. Juli, 18.30 Uhr)

■ Alle Filmtipps stammen aus: „Filmtips. Frieda Grafe“. Hrsg. v. Fritz Göttler u. Heiner Gassen, Verlag KinoKonTexte, München, 1993