Mehr Kritisches und Lebendiges

■ betr.: „Kein Spaziergang“, taz spezial vom 27. 2. 10

Angelika Friedl vermischt selbst gewählte Gründe für einen Kaiserschnitt mit medizinisch notwendigen. Argumente wie zunehmendes Gewicht von Mutter und Kind werden nicht hinterfragt, und ich lese voller Erstaunen die Schlussfolgerungen aus dem Statement von Professor Vettel, von dem ich gerne gewusst hätte, wie viel er an einem genau terminierten Kaiserschnitt verdient und wie viel an einer sogenannten Spontan-Geburt. Ich hätte mir mehr Kritisches und Lebendiges zu diesem so wichtigen Thema gewünscht wie dem Beginn eines neuen Lebens. Wo sind die Aussagen der Frauen, die per Kaiserschnitt entbunden haben, wo die Stimmen der Frauen, die ohne Wunschtermin auf ihren Körper vertrauend einem Kind ins Leben verholfen haben? SUSANNE HECKER, Müncheberg

Risiken bei Kaiserschnittgeburten

■ betr.: „Kein Spaziergang“, taz spezial vom 27. 2. 10

Das Institut für Soziale Pädiatrie München benennt als biologische und psychosoziale Risikofaktoren die Kaiserschnittgeburt für frühe Störungen der Säuglinge. Jedes vierte Kind der dort entbundenen Patienten wird durch einen Kaiserschnitt entbunden, lediglich die Hälfte davon durch Notkaiserschnitt. Was bedeutet eine Kaiserschnittgeburt für die Beziehung von Mutter und Kind? Die Geburt ist kein gemeinsames Erlebnis von Mutter und Kind. Frauen beschreiben Fremdheitsgefühle gegenüber dem Kind. Dem Kind fehlt ein aktiver Entwicklungsschritt. Da die geburtspezifischen Hormone nicht ausgelöst werden, kann der Prozess des Stillens und der Bindung zwischen Mutter und Kind schwierig werden. Die Narbe beeinträchtigt beim Umgang mit dem Kind, der Rückbildungsprozess ist verlangsamt. Eine Studie der Universität Oxford weist auf das erhöhte Risiko des Kaiserschnitts hin, bei der Geburt des zweiten Kindes wegen starker Blutungen die Gebärmutter zu verlieren.

Unter dem Deckmantel der Freude über das Kind werden Geburtserfahrungen schnell beiseitegeschoben. In wessen Interesse steigen die Zahlen der Kaiserschnittgeburten?

CHRISTA BEHRENDT-HAIN, Berlin

Ein verbaler Faustschlag

■ betr.: „Klassenhass im Bus“, taz plan vom 2. 3. 10

Ich habe in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit sehr über Lea Streisands Kolumne gelacht: tolle Schreibe, guter Humor. Vorne angenehme Selbstironie und hinten ein verbaler Faustschlag gegen die, die es wirklich verdient haben. PETER MEFFERT, Berlin

Kinder vor Lärm schützen

■ betr.: „Kinder, gebt alles“, taz vom 17. 2. 10

Sie sagen nicht, wo die Kinder der KitaMilchzahn geblieben sind! Das ZDF berichtete darüber. Demnach ist der neue Standort durch einen für Kinder gesundheitsschädigenden Höllenverkehrslärm belastet! Nachbarn hatten wegen des Lärm geklagt. Das Gesundheitsrisiko, durch Lärm zu erkranken, darf keineswegs unterschätzt, minimiert werden. Da Kinder proportional mit extrem deutlich höheren Verkehrslärmwerten belastet werden, besteht die Notwendigkeit und die Priorität, Kinder vor dem Gesundheitsrisiko Lärm besonders zu schützen! Grob gesagt haben die Kläger gemäß Grundgesetz ihr Recht bekommen. Nur die Kinder sind im Grundgesetz genauso verankert, bzw. eigentlich noch fester! HORST MAU, Hamburg

Hilfe zur Selbsthilfe

■ betr.: „Berliner werden älter und immer teurer“, taz vom 13. 2. 10

Das Interessante ist, dass nicht nur die Berliner älter werden, sondern auch in anderen deutschen Städten und Bundesländern (und nicht nur dort) die Lebenserwartung steigt. Nur dass diese auf die vorhersehbare Veränderung anders reagieren als der Berliner Senat: Sie nehmen sie ernst. Und sie nehmen zur Kenntnis, dass eine stetig wachsende Zahl von Bürgern selber die Initiative ergreift und Hilfe zur Selbsthilfe organisiert – mit Wohnprojekten jeglicher Art, in der die gegenseitige nachbarschaftliche Hilfe die staatliche zwar nicht überflüssig macht, den Bedarf aber doch erheblich reduziert. Die Nachfrage nach Wohnprojekten, sprich nach Grundstücken oder nach für den Umbau geeigneten Häusern übersteigt überall bei weitem das Angebot. Aber in Berlin fallen alle Interessenten, die sich kein Eigentum leisten oder eine Miete von 10 Euro und mehr zahlen können, durch das Sieb. Wann merkt der Senat, dass er weitsichtig wäre, würde er die Förderung solcher Projekte wieder aufnehmen und sich damit einen Großteil künftiger Kosten für vereinsamte alte Menschen ersparen, die in ihren Wohnungen leben und täglich von desinteressierten und gehetzten Pflegekräften versorgt werden müssen? Die Kosten steigen bis 2030 um 80 Prozent? Das wird teuer? Nein, das wird unbezahlbar! SOLVEIG STEINKAMP, Berlin