Zwangsweise an den Rand

Es gibt in Deutschland keine Zwangsumzüge. Schließlich hat jeder Mensch das Recht auf Freizügigkeit und freie Wahl seines Wohnsitzes. Das begrenzt natürlich die Möglichkeiten der Verwaltung, Siedlungs-Trends zu steuern. Ausgelöst werden konnte jedoch, gleichsam als Antwort auf den neuen City-Boom, ein Drang ins heruntergekommene Wohnsilo in Stadtrandlage. Ursache ist die große Sozialrechtsreform – kurz: Hartz IV. Die Empfänger von Arbeitslosengeld II erhalten nur die „angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung“. Das steht so im Sozialgesetzbuch, Teil 2, Paragraf 19. Was angemessen ist, steht dort nicht, damit nicht für jede Korrektur nach unten das Gesetz novelliert werden muss. Behördlich ist es aber festgelegt. Wer also teurer wohnt als angemessen, wird dazu aufgefordert, umzuziehen – oder die Mehrkosten selbst zu tragen. Das ist kein Zwang, schließlich können die Betroffenen frei wählen, ob sie, wie vom Sachbearbeiter empfohlen, umziehen, den Hausbesitzer davon überzeugen, weniger Miete zu verlangen, oder aber ihre Armut auf Wachstumskurs bringen. Aus den Flächenländern gibt es über diesen Vorgang keine zuverlässigen Zahlen, weil die Ausführung den Kommunen obliegt. In Hamburg haben auf die nachdrückliche Umzugs-Bitte rund 3.000, in Bremen 2.000 Haushalte zu reagieren, wobei sich die zuständigen Stellen laut Arbeitslosenberatungen mit den Bemessungsgrenzen des Angemessenen mitunter noch vertun und sie sicherheitshalber zu Gunsten des Gemeinwohls – sprich: der Stadtkasse – auslegen. Vorteile sind die eines jeden Ghettos: Die Bewohner teilen ähnliche Erfahrungen, Stigmatisierung durch sozialen Abstieg und Arbeitslosigkeit können hier vermieden werden und der Aldi ist auch näher. Zudem wird die City touristisch aufgewertet. bes