leserinnenbriefe
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Freiheit war kein primäres Ziel

■ betr.: „Freiheit ist kein Ziel mehr“ von Christian Semler, taz vom 4. 3. 10

Die Freiheit oder die Etablierung von Menschenrechten waren nie das primäre Ziel in der Geschichte militärischer Interventionen, sie waren im günstigsten Fall ein Nebeneffekt. Selbst die grausamsten Nachkriegsgenozide in Kambodscha oder Afrika hatten kein demokratisches Land zum Eingreifen bewegt. Um so erstaunlicher war es anzusehen, wie in den 90ern viele Linke, darunter gestandene „grüne“ Pazifisten, die gerade noch „Soldaten sind Mörder“ gerufen hatten, über Nacht zu Kriegstreibern mutierten. Krieg im Namen der Menschenrechte war auf einmal „in“. Insofern war der Rückgriff der Afghanistankriegsbefürworter auf die Menschenrechtsargumentation ein kluger Schachzug. Unterschlagen wird hierbei allerdings, dass in mehr als der Hälfte aller Staaten die Menschenrechte aufs Gröblichste verletzt werden. Wollen wir alle diese Länder im Namen der Menschenrechte mit Krieg überziehen? Wer bestimmt, welche Intervention berechtigt ist: die EU, die Nato, die UNO oder, zynisch gefragt, der Stärkste? Es höchste Zeit, diese Frage ernsthaft zu diskutieren, bevor wir aus Dummheit, Größenwahn oder falsch verstandener Solidarität in den nächsten Konflikt hineinschlittern.

HORST THAMM, Kümmersbrück

Minimale Übereinstimmungen

■ betr.: „Wäre Schwarz-Grün besser?“, Beitrag von Antje Hermenau, sonntaz vom 6. 3. 10

JedeR, der/die sich verschiedene Positionen von den Bündnisgrünen und CDU in Sachsen ansieht, wird nur minimale Übereinstimmungen feststellen. Als Beispiel kann hier die Mobilitätspolitik angeführt werden. CDUler glauben noch immer, Straßen bringen einen Aufschwung, und im Kern werden sie von diesem Punkt nicht abrücken. Ein weiterer Aspekt sind erzkonservative Vorstellungen von Familie und „Nation“ innerhalb der CDU. So hält die Junge Union in Sachsen das Abstammungsprinzip noch immer für sinnvoll. Mittlerweile vertreten über zehn junge Damen und Herren diese und ähnliche Forderungen innerhalb der Landtagsfraktion.

Eine schwarz-grüne Zusammenarbeit in Sachsen würde nur unter Aufgabe zentraler ökologischer, sozialer und direkt-demokratischer Positionen möglich sein. Diese Anbiederung an die CDU ist weder sinnvoll noch nachvollziehbar. MARTIN SCHMIDT, Chemnitz

Spannende Inszenierungen

■ betr.: „Die Stimmen der Toten“, taz vom 5. 3. 10

Sehr schade, dass der Chronistin zu Moers, Mülheim und Oberhausen nichts einfällt: dort waren und sind – neben Essen – die nachhaltigsten und spannendsten Inszenierungen zu sehen! „Überforderung ist natürlich vorprogrammiert.“ So sieht es aus …

ULLA GNOYKE, Oberhausen

Die Misere der Jungen

■ betr.: „Die Männer-Rechte“, taz vom 8. 3. 10

Thomas Gesterkamp macht sich mit dem Artikel bei Maskulinisten nicht gerade bliebt. Trotzdem finde ich richtig, dass der erwähnte Herr Amendt nochmals deutlich für sein unfassbares Plädoyer zur Abschaffung von Frauenhäusern kritisiert wird. Mutig finde ich auch, dass er die Schnittstellen zu Rechtsradikalen offenlegt. Ich finde allerdings, dass das derzeitige Hauptargument der Männerrechtler etwas untergegangen ist: An der sogenannten Misere der Jungen sei die große Anzahl von Frauen an Schulen schuld. Da ließe sich doch einwenden, dass es nicht damit getan sein kann, mit einem „Hauptsache, mal ’n Mann an der Schule“ anzukommen, sondern das Angebot verändert werden muss, um Schule auch für alle Jungen attraktiv zu machen. DIETER MÜLLER, Berlin

Frauen als Männer-Rechtler

■ betr.: „Die Männer-Rechte“, taz vom 8. 3. 10

Vergessen wurde in dem ansonsten sehr lesenswerten Artikel, dass die etwas kruden Thesen der Männerrechtler durchaus auch von einigen Frauen geteilt werden. Die kritisierten Protagonisten sind nicht nur männlich, wie der Artikel aufzeigt. Hoffmann und Amendt verweisen ja immer, wenn ihnen verbohrter Antifeminismus vorgeworfen wird, auf die Frauen, die gleicher Meinung sind.

PAUL STRÖHLEIN, Berlin

Quote für Erzieher

■ betr.: „Jungen werden nicht benachteiligt“, taz vom 8. 3. 10

Ich las das taz-Interview mit Bettina Hannover bis Hannovers Aussage: „Jungen gelingt es seltener, eine qualitativ gute Beziehung zur Erzieherin aufzubauen.“ „Wie trivial“, dachte ich. Wer soll etwas daran ändern, dass 97 von 100 Erzieherinnen weiblich sind? Das wird doch nicht gelenkt. Außer man führt eine Quote für Erzieherinnen ein: Männer werden zugunsten der Jungs bevorzugt. Vermutlich müsste man dann jedoch auch das Gehalt von Erzieherinnen und Erziehern regeln. Auch dieser Umstand lässt sich nur von allen Mächtigen langfristig bekämpfen und keinesfalls von uns „Gutmeinern“ ändern, die wir doch bei den Mächtigen klar in der Minderheit sind. Im Grunde diskriminieren diese Männer „da oben“ alle anderen: Frauen wie Männer. HANNES KÜPER, Werne