Warten auf Positives

Das Internationale Olympische Komitee will zur Aufklärung der Dopingaffäre eine Ermittlungskommission einsetzen

TURIN dpa/taz ■ Der österreichische Dopingskandal droht über die Winterspiele das Internationale Olympische Komitee (IOC) zu beschäftigen. „Wir werden den Fall vollumfänglich aufklären“, sagte IOC-Vizepräsident Thomas Bach gestern. Noch liegen die Dopingtestergebnisse der zehn Biathleten und Langläufer des Austria-Teams vier Tage nach den Kontrollen nicht vor.

Da das IOC für die Untersuchung der Affäre auch die bei Razzien der Carabinieri gewonnenen Erkenntnisse verwerten will, dürften Sanktionen erst nach den Spielen von einer Disziplinarkommission verhängt werden. Die Analyse von Urintests, wie sie vom IOC bei den Österreichern veranlasst wurden, dauert 72 Stunden. „Dieses Zeitfenster ist eine Schätzung. Das ist nicht so eine einfache Sache wie Fiebermessen“, erklärte IOC-Sprecherin Davies, die aber eine Bekanntgabe der Ergebnisse bis Samstag für möglich hält.

In besonders starkem Dopingverdacht stehen die beiden Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann, die unmittelbar nach der Polizeiaktion Samstagnacht aus Italien geflüchtet waren. Auch Trainer Emil Hoch hatte sich in die Heimat abgesetzt. Alle drei sind vom Österreichischen Ski-Verband suspendiert worden. Im Visier der Fahnder stand aber der von Olympia verbannte Langlauftrainer Walter Mayer, der durch sein Auftauchen in der Turin-Region den Skandal auslöste. „Für mich ist Mayer der Mann, der Doping organisiert“, meinte Rogge. Zu den teils absurden Vorkommnissen sagte der Belgier: „Es ist eine Geschichte, wie sie nicht einmal Hollywood in Szene hätte setzen können.“ Mayer, der nach seinem Autounfall in Kärnten in psychiatrischer Behandlung ist, war nach einer „Blutbeutel-Affäre“ 2002 in Salt Lake City bis 2010 vom IOC von Olympischen Spielen verbannt worden. „Die Polizei hat die Schritte getan, die Drogenhändler zu identifizieren“, so Rogge, „und das IOC wird nun deutlich zeigen, dass wir diese Leute nicht dulden, auch nicht in privaten Unterkünften.“

Über die Einsetzung einer Disziplinarkommission zur Aufklärung des Skandals ist formal zwar noch nicht entschieden, doch der IOC-Präsident kündigte eine Einberufung an. Denkbar ist, dass Jurist Bach erster Ermittler wird. „Um jemanden des Dopings für schuldig zu befinden, braucht man nicht notwendigerweise Urin- oder Blutproben“, sagte Rogge. „Es kann auch auf Grundlage von Beweisen erfolgen.“ Ein negativer Test sei nur ein Teil des Verfahrens. „Wir haben Beweise der Polizei, die wir in Kürze bekommen werden. Wenn wir die Schuld von Athleten prüfen, haben wir verschiedene Methoden“, sagte Rogge.

Nach dem Eingreifen der italienischen Behörden bei den Winterspielen plädiert auch Manfred von Richthofen für die Verschärfung dopingrelevanter Gesetze in Deutschland. „Ein springender Punkt ist, dass man Personen, die im Besitz von Dopingmitteln sind, bisher gesetzlich nicht belangen kann“, sagte der Chef des Deutschen Sportbunds in einem Interview. Italien habe das strengste Antidopinggesetz der Welt. „Da kann sich Deutschland einiges abschauen.“