NACHTS NACH HAUSE
: Was Fahrräder sind

Um diese Zeit kann man sich das Klingeln sparen

Nachts halb eins mit dem Fahrrad nach Hause. „Berlin – du bist so wunderbar“, steht auf drei Plakaten an der Köpenicker Straße. Rechts „An der Schillingbrücke“. Übers Wasser. Ein Hauch von Ostsee weht in die Nase.

Die Ampel wird grün. Über die Kreuzung, dann links. „BVG“ leuchtet es links. Rechts um die Ecke. Grüne Welle bis Alex. Rechts, links, rechts, Hirtenstraße. Am Kino Babylon stehen Menschen in Grüppchen. Vermutlich Premierenparty zu Ende. Irgendwas mit „George“ steht auf der Leuchttafel. Ein Marder huscht über die Rosa-Luxemburg-Straße. Auf dem Hinweg hab ich schon einen Fuchs gesehen. Einen kleinen. Und einen VW-Bus mit spanischem Kennzeichen, der Richtung Neukölln fuhr. Da musste ich lachen. Ein dunkel lackiertes Auto, vollbesetzt, fährt dicht an mir vorbei. Auswärtiges Kennzeichen, war ja klar! Eine Spindeldürre in goldenen Hotpants stolpert auf der anderen Straßenseite. Sie trägt Sonnenbrille. Wie kann sie da durchgucken? Die Ampel am Rosa-Luxemburg-Platz wird grün.

Jetzt am White Trash vorbei. Um die Zeit kann man sich das Klingeln fast sparen und den Daumen schonen. Mittlerweile rufe ich lieber: „Vorsicht! Das ist ein Fahrradweg!“ Auf Rufe reagiert manchmal noch jemand. Die Leute, die vor dem White Trash auf dem Radweg stehen, wissen nicht, was Fahrräder sind, glaube ich. Demzufolge kennen sie auch keine Klingeln. Der Eingang zum Club ist auch an der schmalsten Stelle der Straße, clevererweise. „The red one is for bicycles“, hörte ich letzten Samstag jemanden sagen, als ich da durchmusste. Vielleicht sollte ich englisch rufen: „Bicycles! Bicycles!“ Jetzt das kurze Strampelstück bis zur Metzer Straße. Soll ich links durch den Mauerpark oder geradeaus? „Berlin – du bist so wunderbar“, leuchtet ein Plakat an dem Motel am Senefelder Platz. Lieber geradeaus, denke ich, dann komm ich noch am Späti vorbei. LEA STREISAND