Darauf muss Berlin antworten

Pogromstimmung in Hellersdorf

Von Marina Mai

Berlin zeigte am Dienstag sein hässliches Gesicht. Mit erschreckender Regelmäßigkeit wiederholen sich derzeit Proteste von Anwohnern, wenn das Land ein neues Asylbewerberheim eröffnen will. Die Argumente klingen dabei in Hellersdorf genau wie in Reinickendorf und Charlottenburg: Die Bürger assoziieren Asylbewerber mit Kriminalität und Vermüllung. Sie haben Angst vor „Überfremdung“, vor dem Wertverlust ihrer Grundstücke und ihres Wohnumfeldes, sollten Asylbewerber ihre Nachbarn werden.

Was läuft falsch?

Neu ist in Hellerdorf nur, dass die NPD diese Stimmung sowohl im Vorfeld als auch auf der Veranstaltung bewusst schürte und dadurch eine Pogromstimmung aufkam, die es in Berlin so noch nie gab. Nun muss sich die Stadt fragen, was falsch läuft, wenn Bürger Asylbewerber als Belastung sehen und nicht als schutzsuchende Menschen.

Auf diese Frage kann es keine schnelle Antwort geben. Aber es lohnt, in das Nachbarland Brandenburg zu schauen: Dort standen in den 1990ern solche Bürgerproteste auf der Tagesordnung. Auch wenn Brandenburg noch immer ein Problem mit Rassismus hat – Proteste wie in Berlin gibt es dort derzeit nicht.

Was macht das Nachbarland besser? Es hat seit 15 Jahren ein Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“, womit Schüler ebenso erreicht werden wie Vereine. Hat Berlin zu lange geglaubt, Programme gegen Fremdenfeindlichkeit seien nicht nötig, weil es ja ohnehin eine weltoffene und internationale Stadt sei? Wurde dabei übersehen, dass es Kieze gibt, in denen Menschen gerade deshalb gern leben, weil sie dort nicht mit Nachbarn anderer Kulturen konfrontiert sind – und das auch künftig nicht wollen? Alle demokratischen Parteien sind gefragt, nun eine Antwort zu geben.