„Eine Ohrfeige hat das geklärt“

DISKRIMINIERUNG Frauen müssen sich in der Polizei durchsetzen und gegen Belästigungen wehren, sagt Hauptkommissarin Krause-Schöne. „Sie sollten Nervenstärke besitzen“

■ ist Vizevorsitzende der Frauengruppe der Gewerkschaft der Polizei. In der GDP sind 37.000 Frauen organisiert. Die 43-Jährige arbeitet als Polizeihauptkommissarin bei der Bundespolizei in Rostock.

INTERVIEW PLUTONIA PLARRE

taz: Frau Krause-Schöne, Sie sind seit 22 Jahren Polizistin. Wie sollte eine Frau beschaffen sein, die einen solchen Job macht?

Erika Krause-Schöne: Sie sollte sportlich sein und Nervenstärke besitzen. Sie sollte einstecken, aber auch austeilen können. Sie sollte den Mut haben, anderer Meinung zu sein als ihre männlichen Kollegen. Und sie sollte sich trauen, bei Belästigungen in der Behörde Hilfe zu holen.

Sind Sie selbst mal belästigt worden?

Als ich anfing, ja. Es gab anzügliche Sprüche. Ein Kollege hat mir auf den Hintern geklatscht. Ich habe das sofort mit einer Ohrfeige geklärt. Auch verbal habe ich mich gewehrt. Damit war klar: Mit mir macht man das nicht.

Wie steht es generell mit sexueller Belästigung bei der Polizei?

Die gab es, die gibt es, und es wird sie immer geben. Inzwischen sind aber vielfältige Maßnahmen von Behördenseite dagegen ergriffen worden. Das Problem ist, dass sich viele Frauen nicht offenbaren. Das geschieht aus falscher Scham oder weil sie Angst haben, dass der Vorgesetzte nichts unternimmt, weil Männer grundsätzlich zusammenhalten.

Ist das so?

Die Frauen haben zumindest die Befürchtung, weil Frauen von solchen Erfahrungen berichtet haben.

Wie groß ist der Frauenanteil bei der Polizei inzwischen?

Die Quote schwankt von Bundesland zu Bundesland zwischen 10 und über 30 Prozent. Berlin gehört zu den Spitzenreitern. Bei der Bundespolizei, wo ich bin, arbeiten etwa 15 Prozent Frauen. Wir haben viele junge Muttis, die in Teilzeit im Tagesdienst und auch im Schichtdienst arbeiten.

Über 90 Prozent der Teilzeitbeschäftigten bei der Polizei sind weiblich. Wirkt sich das auf die Aufstiegschancen aus?

In der mittleren Führungsebene sind wir Frauen mittlerweile ganz gut vertreten. Aber je höher es hinaufgeht, desto dünner wird für uns die Luft. Die Führungspositionen sind fast ausschließlich mit Männern besetzt.

Sie selbst haben es mit einem Kind zur Polizeihauptkommissarin gebracht. Wie haben Sie das gemacht?

Ich habe acht Wochen nach der Geburt wieder angefangen, weil ich die Familienernährerin bin. Mein Mann, ein Tischler-Trockenbauer, war von Arbeitslosigkeit bedroht und hat deshalb die Elternzeit genommen. Nach zwölf Wochen habe ich wieder Schichtdienst geschoben. Ich wünsche das keiner Frau. Ich war verrückt, mich so unter Druck zu setzen. Ich hätte mindestens ein halbes Jahr pausieren sollen.

Hatten Sie in Ihrem Berufsleben Phasen, wo Sie am liebsten alles hingeschmissen hätten?

Nein. Ich liebe den Beruf, den Umgang mit den Menschen. Aber ich bin froh, dass es für die Frauen heute leichter ist. Als ich 1988 anfing, musste ich mich ganz schön durchbeißen.

Haben Sie damals versucht, besonders hart aufzutreten?

Das war mir nicht so ein Problem. Ich bin 1,86 groß. Einige Männer, die kleiner sind als ich, haben damit ihre persönlichen Schwierigkeiten. Dass ich anerkannt worden bin, liegt daran, dass ich mit meinem Wissen gearbeitet habe. Um als gleichwertig akzeptiert zu werden, muss eine Frau nach wie vor mehr bringen, als ein Mann.

Stören Frauen den Corpsgeist?

Ja. Und das ist gut. Es ist bekannt, dass bei einer reinen Männerpolizei Fehler eher gedeckelt werden. Frauen sind offener und sprechen Problematiken an.

Gibt es Einsatzsituationen, die Frauen mehr belasten?

Wenn man 14 Stunden Fußballfans begleiten muss, muss man sich zusammenreißen. Aber das sind Situationen, wo auch Männer an ihre Grenzen stoßen. Mir geht es so, dass ich gerade als Frau keine Schwäche zeigen will. Besonders unangenehm ist, wenn man in so einem Großeinsatz seine Menstruation hat und keine mobile Toilette dabei ist. Aber auch da muss Frau durch.

In Potsdam findet derzeit der 5. Bundesfrauenkongress der Gewerkschaft der Polizei statt. Was soll der Titel „Wie viel Frau verträgt die Polizei?“ aussagen?

Das Motto ist provokativ gemeint und soll zum Nachdenken über Chancengleichheit anregen. Männerpolizisten behaupten immer: Wenn die Frauenquote in einer Hundertschaft höher ist als 30 Prozent, sei die Einsatzfähigkeit gefährdet. Ich kann dazu nur sagen: Die Kollegin steht genauso ihre Frau wie der Mann seinen Mann. Ich selbst habe schließlich auch keine Angst, wenn ich mit kleinen, schmächtigen Kollegen im Einsatz bin.