Geheimdienst-Untersuchung stockt

FDP rückt von Forderung nach Untersuchungsausschuss zu deutschen Geheimdienstaktivitäten ab. Linkspartei fordert Ausschuss und boykottiert Abschlussberatungen im Parlamentarischen Kontrollgremium. Grüne hin- und hergerissen

BERLIN ap/rtr/taz ■ Die FDP ist überraschend von ihrer bisherigen Forderung nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Rolle des BND im Irakkrieg und anderen Aktivitäten der Sicherheitsbehörden abgerückt. Der FDP-Vertreter im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), Max Stadler, sagte nach der Sitzung des Gremiums gestern in Berlin, seine Fraktion werde ihre Haltung in dieser Frage erst bei der nächsten Fraktionssitzung am 7. März festlegen. Bis dahin sei offen, ob die Liberalen einen Untersuchungsausschuss fordern würden.

Im Parlamentarischen Kontrollgremium war es zuvor bei den Abschlussberatungen über die Geheimdienst-Affäre zu einem Eklat gekommen. Der Linkspartei-Vertreter Wolfgang Neskovic boykottierte die Erörterung des Regierungsberichts und verließ die Sitzung vorzeitig. Damit wolle er gegen eine Instrumentalisierung des Gremiums durch die Bundesregierung und einen geplanten Rechtsbruch protestieren. „Hier findet ein Täuschungsmanöver statt“, sagte Neskovic und plädierte für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die Haltung der Grünen war bei Redaktionsschluss noch unklar.

Die Regierung legte dem Kontrollgremium (PKG) einen fast 300-seitigen Bericht vor, in dem sie über den Einsatz von BND-Mitarbeitern im Irak, die Besuche deutscher Beamter im US-Gefangenenlager Guantánamo und in einem syrischen Gefängnis sowie den Entführungsfall al-Masri Stellung nimmt. Die Regierung kann alleine entscheiden, welche Teile des Berichts sie veröffentlicht und welche nicht. Die Mitglieder des PKG sind generell zur Geheimhaltung verpflichtet und dürfen sich nur zu solchen Informationen äußern, die ausdrücklich freigegeben werden.

Neskovic kritisierte, dass der SPD-Vertreter Olaf Scholz trotzdem eine Bewertung des Berichts durch das Gremium angekündigt habe – offenbar in der Hoffnung, die schwarz-rote Mehrheit der Mitglieder würde Regierung und Sicherheitsbehörden entlasten. Nach Einschätzung des Juristen Neskovic würde das aber Geheimnisbruch bedeuten: „Wenn Gesetze keine Bindungskraft mehr haben, dann können wir den ganzen Laden hier dichtmachen.“

Der Linksfraktion-Abgeordnete betonte, das PKG sei nicht zur Aufklärung der BND-Affäre geeignet, da es sich allein auf Angaben der Regierung stützen könne. „Insgesamt haben wir sehr geringe Möglichkeiten zur professionellen Wahrheitssuche.“

Auch der Grünen-Politiker Christian Ströbele zeigte sich unzufrieden mit dem Regierungsbericht, der den PKG-Mitgliedern am Montag zugestellt worden war. Er werde ein Minderheitenvotum abgegeben. Das sei aber noch keine Vorentscheidung über die Haltung der Grünen zu einem Untersuchungsausschuss: „Wir müssen klären, ob da noch was offen bleibt.“

Die Grünen hatten ihre Haltung vom Inhalt des Regierungsberichts abhängig gemacht. Nur die Stimmen aller drei Oppositionsfraktionen würden für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ausreichen.

Grüne und Linke forderten weitere Aufklärung im Fall al-Masri. Dieser hatte nach Angaben seines Anwalts bei einer Gegenüberstellung einen Beamten des Bundeskriminalamts zu 90 Prozent als einen „Sam“ genannten Deutschen identifiziert, der ihn in der US-Gefangenschaft in Afghanistan verhört habe. Die Staatsanwaltschaft München geht dagegen nicht von einer klaren Identifizierung aus. Die Regierung hatte betont, Bundesbehörden seien von der Entführung des Deutschen al-Masri nicht informiert gewesen. LKW