Wohnungsunternehmen in der Pflicht

OBDACHLOSIGKEIT Die Saga vergibt zu wenige Wohnungen an Wohnungslose. Die Diakonie wirft dem städtischen Unternehmen Vertragsbruch vor . Sanktionen sind aber nicht vorgesehen

■ Die SAGA/ GWG gehört der Stadt und gilt als zentrales kommunales Instrument für eine soziale Wohnungspolitik. Aufsichtsratsvorsitzende ist Jutta Blankau (Senatorin für Stadtentwicklung).

■ Als größtes Wohnungsunternehmen Hamburgs verfügt sie über 130.000 Mietwohnungen und 1.500 Gewerbeobjekte.

■ Der soziale Ausgleich in den Wohnquartieren ist ein wichtiges Ziel des Unternehmens. Deshalb fördert es in verschiedenen Stadtteilen den Sport und die Kunst.

■ Weniger Sozialwohnungen: Während 1990 noch 77 Prozent des Saga-Bestandes Sozialwohnungen waren und entsprechend vermietet werden mussten, gehen seit 2010 nur 19 Prozent der Neuvermietungen an vordringlich Wohnungssuchende.

Wohnraum in Hamburg ist ein knappes Gut. Besonders schwer betroffen sind die rund 5.000 Wohnungslosen: Jene Menschen, die bereits auf der Straße leben oder vorübergehend in den öffentlich-rechtlichen Einrichtungen des städtischen Unternehmens Fördern&Wohnen untergebracht sind. Abhilfe schaffen könnte die Saga/ GWG: Sie hat sich gemeinsam mit neun anderen Wohnungsbauunternehmen im Rahmen eines Kooperationsvertrages verpflichtet, Wohnraum für die „vordringlich Wohnungssuchenden“ anzubieten: Ab 2005 sollten es jährlich insgesamt 1.200 Wohnungen sein.

Doch dieser Verpflichtung kommen die Unternehmen bisher nicht nach: In jedem Jahr seit 2005 war die Zahl der bereit gestellten Wohnungen niedriger als geplant. Bis heute bleibt die Wohnungswirtschaft der Stadt rund 4.000 Wohnungen schuldig – das geht aus Jahresberichten des Rechnungshofs und einer Senatsantwort an die Bürgerschaft hervor.

Stephan Nagel, Fachreferent für Wohnungslosenhilfe der Diakonie Hamburg, hält das für einen Skandal: „Die gerade beschlossene Aufstockung der öffentlichen Unterbringung durch die Sozialbehörde reicht nicht aus, wenn die Menschen sich in den Unterkünften stauen und langfristig keine eigene Wohnung in Aussicht haben.“

Nicht nur die hohe Nachfrage durch Flüchtlinge und zugewanderte Osteuropäer führe zu Überfüllung in den Notunterkünften: „Der Abfluss aus dem Hilfesystem funktioniert einfach nicht, eine Reintegration der Menschen ist angesichts des knappen Wohnraums schwer“, sagt Nagel.

Offizielle Zahlen weisen darauf hin, dass das städtische Hilfesystem für Wohnungslose vor allem unter einem strukturellen Defizit leidet: Rund 800 Wohnungssuchende stehen derzeit auf den Wartelisten der Fachstellen für Wohnungsnotfälle in den Bezirksämtern, wie Fördern und Wohnen mitteilte. Nur 445 Alleinstehende und 70 Familien konnten 2013 bisher vermittelt werden. Das ergab eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Juni.

Stattdessen kommt es immer wieder zu Zwangsräumungen: Nach Angaben des Senats wurden allein im Jahr 2012 rund 4.400 Räumungsklagen und 1.590 Räumungen registriert. „Ein großer Teil der betroffenen Menschen wird einfach auf die Straße gesetzt, dabei ist eines der Ziele der Wohnungshilfe die Verhinderung der Obdachlosigkeit“, sagt die Abgeordnete Cansu Özdemir (Die Linke).

Die Saga weist die Kritik von sich: „Wir erfüllen unsere Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag“, versicherte Sprecherin Kerstin Matzen der taz. Das Problem: Der Kooperationsvertrag enthält keine Sanktionsmöglichkeit bei Vertragsbruch. Ob die Saga ihrer Verpflichtung nachkommt, bleibt ihr selbst überlassen. Der Senat schaut lieber zu und setzt weiter auf Gespräche.  ANNIKA LASARZIK