Bund bremst Berlin

Der Verkehrsminister will die Nahverkehrsgelder für die Länder kürzen. Die Folgen wären dramatisch

Das außerordentliche Treffen aller Verkehrsminister am Mittwoch war lange geplant. Doch keiner hatte damit gerechnet, dass der Bundesverkehrsminister am gleichen Tag für so brisanten Gesprächsstoff sorgt.

Wolfgang Tiefensee (SPD) will die so genannten Regionalisierungsmittel bis 2009 um 2,3 Milliarden Euro kürzen. Mit den Bundesüberweisungen bezahlen die Länder ihren Nahverkehr. Entsprechend mies ist jetzt die Stimmung. „Die Länder haben in den letzten Jahren viele Berufspendler auf die Schiene gebracht. Diese Entwicklung durch Kürzungen zurückzudrehen ist fatal“, sagte die Sprecherin von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern. Auch in Potsdam ist man alles andere als erfreut: „Solch massive Kürzungen wären für das Land Brandenburg nicht aufzufangen, ohne das Angebot zu verringern und Regionalzüge abzubestellen“, sagt Infrastrukturminister Frank Szymanski (SPD).

Kämen die Kürzungen durch, müssten Berlin und Brandenburg ihren Nahverkehr in Zukunft mit immer wesentlich weniger Geld organisieren. Sollte Berlin im Jahr 2006 ursprünglich rund 391 Millionen Euro bekommen, sind es jetzt nur noch 385 Millionen. Im Jahr 2009 sah die alte Berechnung knapp 409 Millionen vor, jetzt sind 361 Millionen geplant – das ist ein Minus von fast 12 Prozent. In Brandenburg sähe es nicht anders aus: Das Land sollte 2009 fast 428 Millionen Euro beziehen, jetzt sind 378 vorgesehen.

Besonders in dem Flächenland Brandenburg sind solche Kürzungen ohne Streckenstilllegungen kaum zu realisieren. Denn beim Betrieb einer Bahnstrecke fallen hohe Fixkosten an, etwa für die Pflege der Gleise und Bahnhöfe. „Bei solchen Sparvorgaben nur den Fahrplan auszudünnen bringt keinen ausreichenden Effekt“, sagt Christfried Tschepe vom Fahrgastverband IGEB. Er hält Stilllegungen für unausweichlich, falls die Sparpläne durchkommen. „Die Folgen für die Fahrgäste wären dramatisch.“

Doch die Länder arbeiten bereits an einer Verteidigungsstrategie. Tiefensees Gesetz muss durch den Bundesrat. Alle Ministerien würden ihre Ausgaben transparent machen, hieß es in der Verkehrsverwaltung. Dann würden sie den genauen Bedarf errechnen – um kräftig nachzuverhandeln. ULRICH SCHULTE