Die Insel Malta braucht Hilfe

MITTELMEER Hunderte Flüchtlinge landen seit zwei Wochen in Malta. Das überfordert die Behörden. Doch das EU-Recht lässt ihnen keine Chance

FREIBURG taz | Der Versuch Maltas, ankommende Flüchtlinge direkt nach Libyen zurückzuschicken, hat breite Kritik erfahren. Nicht nur die UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR protestierte, auch EU-Innenkommissarin Cecila Malmstroem zeigte sich „äußerst überrascht“ über den Vorstoß von Joseph Muscat, Premier von Malta.

Der Sozialdemokrat Muscat wollte wohl ein Exempel statuieren, um mehr Hilfe von der EU zu erhalten. Er hatte den neuen Kurs deshalb im maltesischen Kabinett offiziell angekündigt. Die Flüchtlinge sollten zurückgeflogen werden, bevor sie einen Asylantrag stellen können.

Da forderten einige NGOs, unter anderem der Jesuitische Flüchtlingsdienst, per Eilantrag den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zum Eingreifen auf. Dieser reagierte sofort und verlangte in einer „vorläufigen Maßnahme“, die Abschiebungen zu stoppen. Es war die erste Eilmaßnahme des Straßburger Gerichtshofs zugunsten von Flüchtlingen, die im Mittelmeer aufgefischt wurden.

Die Situation in Malta ist angespannt, weil wegen des guten Wetters derzeit viele Flüchtlinge die Überfahrt von Libyen nach Malta wagen. Letzte Woche kamen einige hundert, diese Woche auch schon wieder 670. Malta ist mit seinen 400.000 Einwohnern derzeit der EU-Staat, der pro Kopf am meisten Flüchtlinge aufnimmt. Malta ist für Somalis auch deshalb attraktiv, weil sie dort fast alle den im EU-Recht vorgesehenen „subsidiären Schutz“ für Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten.

Nach der sogenannten Dublin-Verordnung der EU ist der Staat, in dem ein Asylbewerber ankommt, für das Asyl-Verfahren zuständig. Für einen Staat an der EU-Außengrenze wie Malta sind das ungünstige Regeln. Der Inselstaat fordert deshalb von der EU schon lange mehr Hilfe. Doch bisher wurden in den Jahren 2010/11 rund 550 anerkannte Schutzberechtigte umverteilt, 254 von ihnen hat Deutschland aufgenommen. Karl Kopp von Pro Asyl unterstützt die maltesische Forderung. „Es ist zwar inakzeptabel, Flüchtlinge einfach zurückzuschicken oder zu inhaftieren. Aber wenn die maltesische Küstenwache hunderte Flüchtlinge auf hoher See rettet, statt wegzuschauen, dann ist das lobenswert und sollte von der EU unterstützt werden.“ Philip Amaral vom Jesuitischen Flüchtlingsdienst forderte ebenfalls „mehr Solidarität“ von den Europäern und erinnerte an den mahnenden Besuch von Papst Franziskus auf der ebenfalls oft von Flüchtlingen angesteuerten italienischen Insel Lampedusa vorige Woche.

CHRISTIAN RATH