LESERINNENBRIEFE
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Frontex nicht erwähnt

■ betr.: „Papst wettert gegen Europas Gleichgültigkeit“, taz vom 9. 7. 13

Der Papst hat mit seinem Besuch der Flüchtlingsinsel Lampedusa ein wichtiges Zeichen gesetzt. Und er hat Klartext gesprochen, indem er die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ anprangerte. Das Mittelmeer ist ein Flüchtlingsmassengrab geworden. Der Papst fragt: „Wer ist verantwortlich dafür?“ Seine Antwort bleibt sehr allgemein. An dieser Stelle ist die „Sicherung der EU-Außengrenzen“ durch Frontex weder vom Papst noch in Ihrem Bericht erwähnt worden. „Verbesserung der Koordinierung der operativen Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen“ ist offiziell die Aufgabe von Frontex.

Tatsächlich betreibt Frontex mit 27 Helikoptern, 28 Flugzeugen und 114 Schiffen jedoch eine aggressive Abwehr von Flüchtlingen und Migranten. Frontex ist die Schutztruppe der „Festung Europa“. Zurückdrängen von Flüchtlingsbooten, Versperren von Hafeneinfahrten, unterlassene Hilfeleistung, Missachtung des Rechtes von Fliehenden, in Europa wenigstens einen Asylantrag stellen zu können: von Frontex täglich im Auftrag der EU begangene Menschenrechtsverletzungen, oft mit Todesfolge für die Flüchtlinge. So ist Frontex in erheblichem Maß am tausendfachen Leiden und Sterben auf dem Mittelmeer beteiligt. WINFRIED EISENBERG, Herford

… und die Deutschen meckern

■ betr.: „Doch kein Popstar“, taz.de vom 9. 7. 13, LeserInnenbriefe „Rat an katholische Kirche“ u. a., taz vom 11. 7. 13

Franziskus fliegt als einziger europäischer Regierungschef nach Lampedusa, und die Deutschen – meckern. Verkauft die Monstranzen (Alexander Wintzen aus Niebüll)! Und aus St. Peter machen wir eine Suppenküche. Die katholische Kirche ist an der Verfolgung der Homosexuellen in Afrika schuld (Ratschläge auf taz.de)! Nun sind laut Wikipedia 37 bis 41 Prozent der Menschen v. a. südlich des Äquators christlich, aber bei Weitem nicht alle katholisch. Gleichzeitig setzt sich die katholische Kirche häufig als einzige Institution für HIV-Erkrankte und AIDS-Waisen ein. Und, nein, Kondome sind nicht das einzige Heilmittel, da meist nicht tropentauglich. Die Kritik an Franziskus entspringt dem guten deutschen Antiultramontanismus. Hauptsache, Deutschland hat was zu meckern.

ANJA PETERS, Neubrandenburg

Ein großes menschliches Versagen

■ betr.: „Papst wettert gegen Europas Gleichgültigkeit“, taz vom 10. 7. 13, Leserbrief „Eine gute Show“, taz vom 11. 7. 13

Ich bin kein großer Anhänger der katholischen Kirche, finde es dennoch wichtig, dass der Papst, der auf viele offene Ohren stößt, auf Missstände hinweist, die auf unserer manchmal schönen, manchmal schlechten Welt herrschen. Die Kameras filmen ihn und verbreiten die Botschaft: Was hier abläuft, ist ein großes menschliches Versagen, und wir müssen uns gemeinsam darum kümmern. Selbst wenn der Papst ein paar Flüchtlinge bei sich im Petersdom aufnehmen (und damit der Forderung Alexander Witzens nach direkter Hilfe nachkommen) würde, fände dieser wieder etwas Negatives daran.

Also: Hör auf zu jammern und mach die Welt ein Stückchen besser! MICHAEL SENDER, Mainz

Kinder ohne Schutzengel

■ betr.: „Schließt die Heime endlich“, taz vom 11. 7. 13

… und lasst euch was einfallen, solche Einrichtungen überflüssig zu machen! „Es gibt Kinder, die kommen ohne Schutzengel auf die Welt“, singt Ludwig Hirsch. Und wer schon so mühselig und beladen startet, der landet (oder endet) sehr wahrscheinlich in einer „Anstalt für Schwererziehbare“. Diese Folgerichtigkeit und die ebenso zynische wie verächtliche Terminologie müssen uns wachrütteln und uns für die sorgen lassen, die uns am allermeisten brauchen. Arbeiten wir an einer Gesellschaft, die allen eine Chance gibt, ihre Menschenrechte zu verwirklichen – von Anfang an.

Steht das eigentlich in irgendeinem Wahlprogramm an prominenter Stelle? PETRA GROSSE-STOLTENBERG, Hattingen

Es ist grundfalsch

■ betr.: „Feigheit vor dem Freund“, taz vom 5. 7. 13, „Die Entscheidung war richtig“, Leserinnenbrief, taz vom 11. 7. 13

„Die Frage nach dem Schutz unserer Daten ist wichtiger denn je, aber sie fällt in den Bereich des Binnenmarktes und nicht in den des Handels“, schreibt die CDU-MdEP Godelieve Quisthoudt-Rowohl.

Ja, und die Menschenrechte in aller Welt sind eine Frage der Außenpolitik und nicht des Handels. Auch die Bürgerinnenrechte sind eine Frage der Innenpolitik und nicht des Handels. Und die Beteiligung an Kriegen ist eine Frage der Verteidigungspolitik und nicht des Handels. So kennen wir das, und es ist grundfalsch. Wir handeln mit allem und jedem in der Welt, egal was er (oder sie) tut. Gas aus Russland, Freihandel mit Amerika, Solarzellen aus China und Panzer nach Saudi-Arabien.

Nein, der allumfassende Bruch des Völkerrechts durch die USA (und Großbritannien und Frankreich nicht zu vergessen!) muss Konsequenzen auch für den Handel erzeugen, denn erst wenn Geld ins Spiel kommt, werden sich die Damen und Herren bewegen.

JÖRG RUPP, Malsch