BND-AFFÄRE: DIE OPPOSITION ENTMACHTET SICH SELBST
: Die Angst vor der Aufklärung

Die Öffentlichkeit kennt nur kleine Ausschnitte aus dem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums über die BND- und BKA-Affäre. Das, was bisher bekannt geworden ist, klingt jedoch alarmierend genug. Offizielle Stellungnahmen hinsichtlich der BND-Aktivitäten im Irak scheinen zunächst falsch oder zumindest unvollständig gewesen zu sein. Welche Rolle andere deutsche Sicherheitsbehörden wie das BKA bei völkerrechtlich umstrittenen Aktionen gegen Terrorverdächtige spielten, ist nach wie vor offen.

Welch bessere Grundlage könnte es für die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses geben als diese? Die Opposition zögert. Die einen haben Angst vor ihrer Vergangenheit, die anderen vor ihrer möglichen Zukunft als Regierungspartei. Die veröffentlichte Meinung macht ihnen diese opportunistische Haltung nicht schwer. Die meisten Medien hielten es für berichtenswert, dass die Bundesregierung ihre Vorgängerin durch den Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums entlastet sieht. Das ist jedoch keine Nachricht. Das ist eine Selbstverständlichkeit angesichts der Tatsache, dass die große Koalition keinen Untersuchungsausschuss wünscht. Dieses Ergebnis stand schon seit langem fest.

Es ist fast immer eine Machtfrage, welche Deutung historischer und aktueller politischer Ereignisse sich durchsetzt – auch deshalb, weil die Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen die Zeit und die Lust aufbringt, sich über Details eines Vorgangs zu informieren. Machtlosigkeit ist ein Bestandteil des politischen Lebens in einer Demokratie. Gelegentlich kann man mit denen, die sich damit abfinden müssen, Mitleid haben. Für den Prozess einer Selbstentmachtung gilt das nicht. Der ist niemals tragisch, sondern stets nur entwürdigend und eine Missachtung von Amt oder Mandat. Wenn die Opposition jetzt nicht auf einem Untersuchungsausschuss besteht, dann hat sie sich selbst entmachtet. Beschädigt wird davon allerdings nicht notwendigerweise sie selbst. Sondern vielleicht lediglich das Konzept einer kritischen Gegenöffentlichkeit. BETTINA GAUS