Der Schlachtplan

Nur keine Panik, sagen die Experten. Doch die Vogelgrippe rückt unaufhaltsam vor. Und in der Geflügelhochburg Niedersachsen stehen die Tötungsanlagen der Task Force schon bereit

von Daniel Wiese

Die Vogelgrippe ist nicht nur auf Rügen angekommen, sondern auch schon in Schleswig-Holstein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie Niedersachsen erreicht, das Bundesland mit der höchsten Geflügeldichte: 75 Millionen Stück Federvieh leben dort, von bundesweit 110 Millionen.

Auch wenn bisher keine Geflügelbestände infiziert worden sind, sondern nur Wildvögel: die Vorbereitungen für den Ernstfall laufen auf Hochtouren. „Wir sind in Niedersachsen gut gerüstet“, sagt Hiltrud Schrandt vom Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Bereits 2003, als die Vogelgrippe in den Niederlanden wütete, habe die Task Force des Landesamtes Prototypen von Tötungsmaschinen erstellt und im Nachbarland ausprobiert. „Wir sind jetzt in der Lage, mehr als eine Million Tiere am Tag zu töten“, sagt Hiltrud Schrandt.

Wie dabei vorgegangen werden muss, regeln Vorschriften der Europäischen Union. So müssen, wenn tote Wildvögel mit Verdacht auf Vogelgrippe aufgefunden werden, in einem Radius von drei Kilometern um den Fundort alle Geflügelbestände untersucht werden. Sollte ein Tier Anzeichen einer Infektion aufweisen, muss es umgehend nach Oldenburg ins Labor des Landesamtes geschickt werden, wo es einem Schnelltest unterzogen wird.

Bestätigt sich der Verdacht, werden alle Tiere im Umkreis von 1.000 Metern getötet. Wo die Epidemie ausbricht, spielt dabei keine Rolle. „Wir sind da auch flexibel“, sagt die Sprecherin des Landesamtes. Neben der „Stallbegasung“, die direkt auf dem Hof vorgenommen werden kann, hat die Task Force in Niedersachsen zwei Verfahren entwickelt, die äußerst effektiv sind. In die „Elektro-Tötungsanlage“ werden die Tiere mit den Füßen eingehängt, so dass ihr Kopf durch ein Wasserbad gezogen wird. Das Wasserbad steht unter Strom. Der Tod tritt nach wenigen Sekunden ein.

Bei den so genannten „Container-Deckeln“ werden die Tiere durch eine Klappe in den Container geworfen. „Da fallen sie schön weich rein“, so die Sprecherin des Landesamtes für Verbraucherschutz. Im Container werden sie mit Kohlendioxid begast und verenden ebenfalls innerhalb weniger Sekunden. Beide Tötungsanlagen sind mobil, der „Container-Deckel“ lässt sich auf Lastwagen laden, die „Elektro-Tötungsanlage“ ist inzwischen sogar noch flexibler und hat die Form eines Anhängers. Nach der Tötung würde das Geflügel unverzüglich in die Tierkörperbeseitigungsanstalt gebracht.

Im Prinzip ist es Sache der Geflügelzüchter, infizierte Bestände zu beseitigen. Weil aber „die ersten Stunden eines Ausbruchs entscheiden“ seien, halte die Task Force vom Landesamt „Tötungskapazitäten vor“, so dessen Sprecherin. Schließlich gebe es in Niedersachsen Ballungsräume, wo der Ausbruch der Seuche schwer kontrollierbar wäre. So werden 40 Millionen Stück Geflügel allein im Kreis Weser-Ems gehalten.

„Wenn die Krise ausbricht, macht sie vor Grenzen nicht halt“, weiß die Landesamts-Sprecherin. Die zuständigen Kreise seien dann schnell überfordert, weshalb schon 2004 ein Experiment im flachen Friesland stattfand. Container wurden aufgebaut, im üblichen Beigeton, als Kommandozentrale der Task Force für den Katastrophenfall. Bräche die Seuche in mehreren Landkreisen aus, würden die Container ungefähr in die Mitte gestellt, um die Aktivitäten zu koordinieren.

Die Container sind längst wieder verschwunden, und das, obwohl die Agrarminister der Länder schon 2001 die Einrichtung eines „mobilen Krisenzentrums“ beschlossen hatten. Im November des Jahres solle es aber endgültig stehen, meldete vorgestern das niedersächsische Agrarministerium. 30 Hightech-Container, auf Abruf aufgestellt im niedersächsischen Barme, Kreis Verden. Für die aktuelle Vogelgrippe dürfte das zu spät sein.