Wimmern hinter der Wohnungstür

Vermieter entdeckt verwahrlostes Kleinkind bei Wohnungsbesichtigung. Mutter war bei der Polizei als Konsumentin illegaler Drogen bekannt

Am Donnerstagabend wurde in Dulsberg erneut ein verwahrlostes Kind in einer Wohnung entdeckt. Der dreijährige Elias war von der Feuerwehr fast nackt und vollgekotet und ganz allein in seinem Bett gefunden worden und wurde zum Kinder- und Jugendnotdienst gebracht.

Nach Angaben von Polizeisprecher Andreas Schöpflin wurde der Vermieter auf das Kind aufmerksam, als er sich gegen 20 Uhr mit einer Mietinteressentin vor der Wohnung aufhielt. Auf sein Klingeln hin öffnete niemand die Tür, gleichwohl waren das Wimmern eines Kindes und ein Fernseher zu hören. Der Mann alarmierte die Polizei, die wiederum die Feuerwehr hinzurief, um die Tür gewaltsam zu öffnen.

Die Wohnung sei stark verschmutzt gewesen, berichtet Schöpflin. In dem schmutzigsten Raum habe Elias gesessen, vollgekotet und nur mit einem Sweatshirt bekleidet, während der Fernseher lief. Er sei nicht altersgemäß entwickelt und könne sich nicht artikulieren. Dennoch habe er „relativ lebhaft“ und „nicht apathisch“ gewirkt.

“Das Kind machte keinen verhungerten Eindruck“, ergänzt Feuerwehrsprecher Peter Braun. Die Feuerwehrleute wuschen den Jungen in der Badewanne, bevor sie ihn zum Kinder- und Jugendnotdienst brachten, von wo aus er gestern ins Kinderschutzhaus des Landesbetriebs Erziehung kam.

Die Polizei entdeckte in der Wohnung auch Crack, eine Crackpfeife und benutzte Spritzen. Die Mutter sei der Polizei als „BTM-Konsumentin“ bekannt, berichtet Schöpflin. Auch habe der Bürgernahe Beamte sie mit dem Kinderwagen gesehen.

SPD-Sozialpolitiker Dirk Kienscherf forderte gestern von der Sozialbehörde „schnellstmögliche Aufklärung“ über den Fall. Deren Sprecherin Katja Havemeister lagen jedoch bis gestern Nachmittag nur die Informationen der Polizei vor. Nach einer bundeseinheitlichen Richtlinie sei diese verpflichtet, die Drogensucht von Eltern bei den Jugendbehörden zu melden, da diese als kindeswohlgefährdend gilt.

Im zuständigen Bezirksamt Nord war zunächst zu hören, dass der Fall unbekannt sei. Im Laufe des Tages stellte sich aber heraus, dass das Jugendamt bereits aktiv geworden war und nur von der „akuten Kindeswohlgefährdung“ nichts wusste. So heißt es in einer Stellungnahme, dass es seit dem 1. Februar 2006 eine „Pflegschaft“ für das Kind gebe. Auch sei bereits der Sorgerechtsentzug beantragt, über den das Gericht noch entscheiden müsse. Für Kienscherf stellt sich nun die Frage, in welcher Weise das Jugendamt in jüngster Zeit nach dem Kind schaute.

Die 39-jährige Mutter blieb nach Polizeiangaben tagsüber verschwunden. Gegen Mittag sahen Reporter in der Nähe der Wohnung eine Frau, die allerdings beim Anblick der Kameras wegrannte. KAIJA KUTTER