Schwierige Pflege

Studie der Arbeitnehmerkammer warnt vor schlechteren Arbeitsbedingungen in der ambulanten Pflege. Branche soll nicht dem freien Markt überlassen werden

„Die ambulante Pflege ist eine potentielle Job-Maschine und ein Pfund, mit dem man wuchern muss“

Bremen taz ■ Tarifflucht der Arbeitgeber, geringe gesellschaftliche Wertschätzung und zunehmend höherer Pflegebedarf bei immer knapperen Zeitvorgaben: „Die Rahmenbedingungen sind sowieso schlecht“, so konstatierte Carola Bury, gesundheitspolitische Referentin der Bremer Arbeitnehmer bei der Vorstellung der Studie zur Situation der Beschäftigten in den ambulanten Pflegediensten im Land Bremen. Gerade deshalb gelte es, einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Pflegenden „politisch gegenzusteuern“.

Seit Einführung der Pflegeversicherung vor rund zehn Jahren hat sich die Zahl der Beschäftigten in der ambulanten Pflege nach Angaben der Arbeitnehmerkammer vervierfacht, allein in der Stadt Bremen gibt es 120 Pflegedienste. Für Hans Endl, Geschäftsführer der Arbeitnehmerkammer, ist dieses Angebot eine „potentielle Job-Maschine“ und insofern ein „Pfund, mit dem man wuchern muss“ – keinesfalls aber eine Branche, die man „der Selbststeuerung des Marktes überlassen dürfe“.

So werden nach Einschätzung von Barbara Reuhl, Referentin für Arbeitsschutzpolitik bei der Arbeitnehmerkammer, viele der mehrheitlich weiblichen Pflegerinnen in Teilzeitstellen gedrängt. Zugleich liegen die Einsatzzeiten bei bis zu vierzehn Stunden. Zwar sei das Qualifizierungsniveau trotz geringer Bezahlung hoch – doch angesichts der Sparmaßnahmen gerade im Gesundheitsbereich bestehe die Gefahr, dass die Dienste auf weniger qualifizierte Kräfte auswichen. Konkurrenz bestehe außerdem durch die Pflege durch Haushaltshilfen, die günstiger, aber ohne medizinische Fachkenntnisse arbeiteten. Doch die Bezahlung der ambulanten Pflege, so Carola Bury, dürfe keinesfalls auf das Niveau eines „Zubrots auf 400-Euro Basis“ abfallen. Ein fatales Signal sei die Entscheidung der Agentur für Arbeit, die Ausbildung statt bislang drei Jahre nur noch zwei Jahre zu fördern. Außerdem warnte die Kammer vor einer Deregulierung der Gesundheits- und Sozialleistungsbereiche. Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen müssten aus der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie herausgenommen werden.

Viele dieser Kritikpunkte fallen nicht in die Kompetenz Bremens. Auch die derzeitige Einstufungspraxis in der Pflegeversicherung, die für demente Menschen nur sehr wenig Pflegezeit vorsieht, ist Angelegenheit der Krankenkassen. So appellierten die Vertreter der Arbeitnehmerkammer vor allem in Sachen Ausbildung an die Bremische Politik: Ein transparentes Ausbildungssystem mit „niedrigschwelligen Angeboten“ gerade auch an Berufsrückkehrerinnen und Frauen mit Migrationshintergrund sei erforderlich. grä