Energiepolitik
: Große Koalition der Verlierer

Der Union aus CDU und CSU die Renaissance der Atomkraft, der SPD die Steinkohle: Die Energiepolitik der großen Koalition im Bund droht Alle zu Verlierern zu machen. Denn der Kompromiss, der sich trotz aller Dementis, trotz aller Wortgefechte der vergangenen Wochen zwischen Christ- und Sozialdemokraten andeutet, ist schlicht nicht zukunftsfähig: Menschen und Umwelt sollen durch Atommeiler gefährdet, die Finanzen durch Steinkohlesubventionen am besten noch über 2030 hinaus belastet werden. Nachhaltige Politik sieht anders aus.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Zwar ist noch nichts entschieden, zwar kann noch auf die Vernunft der Berliner Großkoalitionäre gehofft werden. Doch in der Logik des Politikbetriebes würde ein solch unsinniger Kompromiss durchaus Sinn machen: Beide Partner hätten ihr Gesicht gewahrt – und die Interessen der hinter ihnen stehenden Lobbygruppen ebenso. Denn hinter den Kulissen macht die Energiewirtschaft längst massiv Werbung für ihre ach so sicheren, längst abgeschriebenen Atomkraftwerke. Die gelten Unionspolitikern aller Gefahren zum Trotz als Ausweg aus der Klimakatastrophe.

Auf Unterstützung zumindest ihrer Traditionsvereine könnte auch die in Umfragen derzeit weit abgeschlagene SPD hoffen. Wenigstens die verbliebenen Kohlekumpel würden ihre Sozialdemokraten ein weiteres Mal feiern. Verlieren dürfte die SPD dennoch: Selbst im Ruhrgebiet lehnt eine überwältigende Mehrheit den Bergbau mittlerweile ab. In Zeiten sozialer Unsicherheit, in denen immer mehr Menschen den Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten, grenzen die Warnungen von Bergbau-Gewerkschaftschef Hubertus Schmoldt vor betriebsbedingten Kündigungen schlicht an Realitätsverlust – genau wie der Glaube an eine sichere Nutzung der noch Jahrtausende strahlenden Atommeiler.