Wohnungsriese wird weiter begutachtet

Der Verkauf des größten Immobilienbesitzers in NRW verschiebt sich: Das Land sucht die Gutachter der Landesentwicklungsgesellschaft in einem langwierigen Prozess aus. Mieterverbände hoffen auf ein Ende des Verkaufs

DÜSSELDORF taz ■ Das europaweite Ausschreibungsverfahren zur Bewertung der nordrheinwestfälischen Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) verzögert sich. Landesbauminister Oliver Wittke (CDU) wollte den Gutachter ursprünglich am 9. März im Bauausschuss vorstellen. „Der Termin wird nicht einzuhalten sein“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Heuschen zur taz. Die Auswahl werde bis Mitte April dauern. Schuld an der Verzögerung sei das zweistufige Verfahren. Nachdem bereits im Januar einige Gutachter ausgewählt wurden, laufe nun eine detaillierte Ausschreibung. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die LEG mittelfristig privatisieren zu wollen. Ein Gutachten soll entscheiden, ob das Unternehmen als Gesamtpaket oder einzelne seiner Teile verkauft werden soll.

Besonders die Wohnungsbranche ist dabei von Interesse. Die LEG besitzt landesweit 106.000 Wohnungen. Der Verkauf sollte ursprünglich im Sommer angeschoben werden. „Durch die Verzögerungen im Gutachterverfahren ist frühestens im Herbst mit dem Beginn des Verfahrens zu rechnen“, sagte der wohnungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Horst Becker. Private Investoren wie die Deutsche Annington, die britische Fondsgesellschaft Fortress oder die RAG Immobilien GmbH gelten als Interessenten.

Alle drei Unternehmen haben sich in der Vergangenheit auf dem nordrhein-westfälischen Wohnungsmarkt bedient. Fortress übernahm im Jahr 2004 für 3,4 Milliarden Euro die Essener Immobilienfirma Gagfah mit ihren 80.000 Wohnungen. Thyssen-Krupp verkaufte für 2,1 Milliarden Euro 48.000 Werkswohnungen an die US-Bank Morgan Stanley und die Sparkassen-Tochter Corpus-Gruppe. Die Deutsche Annington kaufte dem Düsseldorfer Eon-Konzern für sieben Milliarden Euro die Immobilientochter viterra ab – 152.000 Wohnungen, die Hälfte davon in NRW, wechselten den Besitzer. „150.000 Mieter sind landesweit derzeit von Fonds abhängig“, sagt der Deutsche Mieterbund in NRW. Mit dem Verkauf der LEG könnte die Zahl drastisch steigen.

Der Wert der LEG wird von der WestLB mit bis zu 3,5 Milliarden Euro beziffert. Allerdings muss sich ein potenzieller Käufer laut einem Bericht des Focus auch mit 2,5 Milliarden Euro Schulden herumschlagen – der Reinerlös des Verkaufs dürfte den Landeshaushalt deshalb um höchstens eine Milliarde Euro entlasten. Nach Korruptionsskandalen in der Geschäftsführung und enttäuschenden Bilanzen geriet die LEG in den vergangenen Jahren in die Kritik.

Die derzeit laufenden Teilverkäufe von LEG-Wohnungen sind unabhängig von den Privatisierungsabsichten. Am 22. Februar wurden 1.870 Wohnungen an die Unternehmensgruppe Baum in Hannover verkauft. Die Bestände verteilen sich auf Dortmund (rund 1.400 Wohneinheiten), Duisburg (rund 200), Bielefeld (rund 150) und Essen (rund 100). Im Januar veräußerte die LEG 4.300 Wohnungen aus ihrem Bestand an die Essener Gagfah. „Das sind noch Beschlüsse der alten Landesregierung“, sagte Rainer Stücker vom Mieterforum Ruhr.

Die Wohnungen werden vorerst weiter von der LEG verwaltet. „Der Erlös muss sofort in Sanierungsarbeiten reinvestiert werden“, fordert Stücker. Es sei aber davon auszugehen, dass dies die letzten Blockverkäufe der LEG seien. „Als nächstes steht der Verkauf der gesamten LEG auf dem Programm“ so Stücker. Die Mieter hofften immer noch darauf, das Vorhaben der Landesregierung verhindern zu können. HOLGER PAULER