Neonazis im Eierregen

PROTEST Mit einer Tour durch die Stadt wollte die NPD gegen Flüchtlinge demonstrieren. Hunderte stellten sich quer

VON KONRAD LITSCHKO
UND ALKE WIERTH

Es wird gehupt und gepfiffen, ein ohrenbetäubender Lärm. „Ihr seid lächerlich“, rufen die Gegendemonstranten, „haut ab!“. Am Ende fliegen Eier. So sieht er aus, der Empfang für das Dutzend NPDler in Hellersdorf.

Mit einer „Anti-Asyl-Tour“ versuchte sich die rechtsextreme Partei am Samstag in Berlin. Vor fünf Orten, an denen Flüchtlinge untergebracht sind, wollte die NPD Kundgebungen abhalten. Bereits letzte Woche hatte sie mit Anwohnern auf einer Infoveranstaltung in Hellersdorf gegen eine Unterkunft gehetzt.

Doch diesmal stoßen die Rechtsextremen auf herben Widerstand. Rund 500 Gegenprotestierende sammeln sich am Morgen am Kreuzberger Moritzplatz, einige schlürfen verschlafen ihren Kaffee. Parteifahnen wehen im Wind, ein Trompeter spielt. Nur die NPD kommt nicht.

Nach einer Dreiviertelstunde ist klar: Es bleibt dabei. Offenbar kapitulieren die Neonazis vor der Menge. „Hier wird es heute keine Kundgebung der NPD mehr geben“, verkündet die Polizei per Durchsage. Und erntet – eine Seltenheit – Applaus der linken Demonstranten. „Das haben die Kreuzberger verhindert“, freut sich ihr grüner Bürgermeister Franz Schulz. „Hier Fahnen zu schwingen, den Triumph hätte sich die NPD nicht nehmen lassen.“

Auch bei der Polizei glaubt man nicht an eine geplante Finte der Neonazis. „Hätten wir das gewusst, hätten wir hier sicher nicht so viele Beamte“, sagt ein Sprecher. 300 Polizisten sind den ganzen Tag im Einsatz. Vor dem Flüchtlingscamp am Oranienplatz, wohin die NPD ursprünglich wollte, wird derweil ein mit Transparenten geschmückter Doppeldeckerbus voller Gegendemonstranten mit Applaus verabschiedet – gen Hellersdorf.

Dort erwarten etwa 800 Gegendemonstranten die knapp 15 NPDler – darunter der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke. „Unterwegs für deutsche Interessen“ steht an dem geschlossenen Lastwagen, mit dem die Partei anreist. Doch die Reden der Rechtsextremen sind nicht zu hören: Zu viel Lärm machen die Gegenprotestler. Nachdem auch Eier fliegen, kommt es zu Rangeleien mit der Polizei. Beamte gehen robust gegen die Demonstranten vor. Auch Pressevertreter werden beiseitegedrängt, um mutmaßliche Störer aus der Menge zu holen. Ein Festgenommener wird äußerst brutal im Schwitzkasten abgeführt.

Polizei schützt NPD-Laster

Zum zweiten Stopp der Neonazis, Wittenau in Reinickendorf, folgt noch etwa die Hälfte der Gegendemonstranten dem Häufchen Nazis. Einige blockieren eine Straße, die Polizei muss den NPD-Laster auf der Gegenfahrbahn zum vorgesehenen Standort geleiten. Demonstranten werden ohne langes Fackeln beiseitegeschubst. Ach hier sind die Reden der Rechten nicht verständlich. Zu sehen sind sie auch kaum mehr, obwohl die Polizei die Gegendemo bis auf 10 Meter an den Nazi-Wagen heranlässt: Hinter Regenschirmen verstecken sich die NPDler vor weiteren Wurfgeschossen.

Ähnliche Szenen später auch in Westend und Marienfelde, den restlichen NPD-Stopps. Auch hier wird gepfiffen und gelärmt. Insgesamt elf Gegendemonstranten nimmt die Polizei über den ganzen Tag fest. Und die NPD geht mit einer kräftigen Klatsche nach Hause.