Hamas skizziert Friedenslösung

Künftiger Premier Hanije fordert von Israel Räumung der 1967 besetzten Gebiete. Von einer Anerkennung Israels ist keine Rede. USA wollen Hilfe an Palästinenser fortsetzen

JERUSALEM taz ■ Einen Monat nach ihrem überragenden Wahlsieg in den Palästinensergebieten bemüht sich die Hamas um versöhnliche Signale. „Wir wollen die Juden nicht ins Meer werfen“, meinte der künftige palästinensische Premierminister Ismail Hanije gegenüber der Washington Post am Wochenende. Das Zitat der Zeitung, er erwäge eine Anerkennung Israels, stritt Hanije indes ab. „Wir hegen keinen Groll gegenüber den Juden“, so betonte Hanije, „alles, was wir wollen, ist, unser Land zurückzubekommen.“

Ein stufenweiser Frieden mit Israel sei möglich, vorausgesetzt, das 1967 besetzte Gebiet werde verlassen. Eine Änderung der Hamas-Charta, die zur Zerstörung des Judenstaates aufruft, lehnte der Islamist indes ab.

In Israel wurde der veränderte Ton der Hamas-Führung mit Skepsis aufgenommen. Verteidigungsminister Schaul Mofas warnte davor, sich von dem „süßen Gerede blenden zu lassen“. Im Rahmen der sonntäglichen Kabinettssitzung in Jerusalem berichtete Mofas über die jüngsten Kontakte zwischen der Hamas und der iranischen Regierung. Chaled Maschal, Chef des Politbüros der Hamas in Damaskus, reiste auf der Suche nach alternativen Finanzquellen vergangene Woche nach Teheran. Die Reise diente dem Zweck „eines Bündnisses“, mit dem das „Gleis des Bösen von Iran und Syrien über die Hisbollah und die Hamas bis zu uns geführt wird“.

Im Gegensatz zu Hanije schlug Maschal im Verlauf seiner Iran-Reise erneut scharfe Töne gegen Israel an. Demnach käme eine Entscheidung über mögliche Verhandlungen erst in Frage, nachdem Israel aus dem 1967 besetzten Gebiet abgezogen sei. Die israelische Führung verbarrikadiere sich hinter unilateralen Schritten, die die palästinensischen Interessen ignorierten, meinte Maschal. „Konsequenterweise sind auf dieser Basis Verhandlungen mit Israel reine Zeitverschwendung.“

Sowohl die USA als auch die EU hatten Kontakte zur neuen palästinensischen Führung an die drei Bedingungen geknüpft: Gewaltverzicht, Anerkennung Israels und die Anerkennung der bisherigen Abkommen.

Auch Palästinenserpräsident Machmud Abbas appellierte an das Anfang vergangener Woche vereidigte Parlament, die Verträge zu respektieren. Gleichzeitig drängt der Palästinenserpräsident Israel und den Westen, den Druck auf die Hamas einzustellen.

Abbas hofft auf die moderaten Kräfte innerhalb der islamistischen Bewegung, die ihre politischen Positionen „überdenken“ werden. Hanije sei ein „flexibler und diplomatischer“ Politiker. Gleichzeitig stellte Abbas seinen Rücktritt in Aussicht, sollte er nicht in der Lage sein, die Friedensagenda voranzutreiben. „Ich werde nicht länger auf meinem Stuhl sitzen bleiben, wenn das gegen meine Überzeugungen geht“, sagte er im britischen Fernsehen. „Wenn ich etwas ausrichten kann, bleibe ich, wenn nicht, dann nicht.“

Die israelische Regierung stellte mit der Vereidigung des neuen palästinensischen Parlaments die Zahlung der palästinensischen Zoll- und Steuergelder vorläufig ein. Demgegenüber wollen die USA an einer Fortzahlung der humanitären Hilfe an die Palästinenser festhalten. Dies versprach der US-Sondergesandte David Welch, der am Wochenende die Palästinensergebiete besuchte, seinem Gastgeber Abbas.

SUSANNE KNAUL

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