Chinas Wirtschaft schwächelt

KONJUNKTUR Wachstum erreicht noch 7,5 Prozent. Chinesische Kommunen stehen vor gewaltigem Schuldenberg

Viele Banken vergaben zu viele Kredite, etwa für Autobahnen, Luxuswohnanlagen

AUS PEKING FELIX LEE

In der südchinesischen Industriemetropole Dongguan ist der Einbruch der Wirtschaft bereits seit Monaten zu spüren. Die Verwaltung der einstigen Boomstadt am Perlflussdelta hat den erst vor zwei Jahren eingeführten kostenlosen Nahverkehr im Februar wieder abgeschafft. „Zu teuer“, teilte sie in knappen Worten mit. Vor Kurzem erfuhren die Bewohner auch noch, dass der Investor einer neuen Wohnanlage inklusive Einkaufszentrum und Naherholungspark inmitten des Stadtzentrums abgesprungen sei. Nun verschandelt eine gigantische Brache die Innenstadt.

Wegen seiner gigantischen Exportindustrie war das Perlflussdelta vor den Toren Hongkongs bislang bekannt als „Werkbank der Welt“. Doch die Käufer im Ausland halten sich inzwischen zurück, der Export ist bereits eingebrochen, die Einnahmen der Kommunen sind geschrumpft.

In China ist die gesamte Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 7,5 Prozent gestiegen, gab jetzt das amtliche Statistikbüro bekannt. So niedrig lag die Wachstumsrate zuletzt 1991.

Abgeschwächt hat sich vor allem der Export, auch die Investitionen wuchsen deutlich langsamer als zuvor. Immerhin aber kauften die Chinesen kräftig ein, die Umsätze im Einzelhandel stiegen um 13,3 Prozent. Damit konnten die chinesischen Konsumenten den Einbruch bei den Exporten zumindest ein Stück weit kompensieren.

Die meisten Ökonomen hatten mit dieser Entwicklung gerechnet. He Xiaoyu von der Zentralen Hochschule für Wirtschaft und Finanzen in Peking weist daraufhin, dass das Wachstum viele Jahre über 10 Prozent erreicht hat. Wenn es nun langsamer geht, sei dies „normal“. Anderen bereitet die Tatsache, dass sich die Konjunktur zum fünften Quartal in Folge abschwächt, jedoch Sorge: „Das ist ein gefährliches Zeichen“, meint die Analystin von IHS Global Insight, Ren Xiangfan.

Besonders beunruhigend sind die jüngsten Meldungen über die gewaltigen Schulden, die auf lokalen Regierungen und Staatsbetrieben lasten. Viele chinesische Banken haben in den vergangenen Jahren zu viele Kredite für den Bau etwa von Autobahnen, Luxuswohnanlagen und überdimensionierten Bahnhöfen vergeben. Jetzt wissen sie nicht, wie sie das Geld wieder eintreiben sollen.

Schätzungen zufolge machen die Schulden der Kommunen bereits 36 Prozent der gesamten chinesischen Wirtschaftsleistung aus. Chinas Zentralbank hat die Kreditvergabe im Juni gekappt, was die Wirtschaft noch weiter drosseln dürfte. Ob China mit 7 oder 7,5 Prozent wächst, hält der Pekinger Ökonom Xia Bin deshalb für irrelevant. Die Regierung müsse das Schuldenproblem angehen. Sonst würde sich die Finanzkrise, in der die chinesische Wirtschaft steckt, nur noch vergrößern.