Das Runde muss ins Eckige

FUSSBALL IM FILM Im Babylon Mitte steigt ab morgen „11 mm. Das internationale Festival des Fußballfilms“. Neben Klassikern wie „Fimpen, der Knirps“ beschäftigt sich das Programm anlässlich der kommenden WM mit Afrika

Früher fuhr man zur Erntehilfe nach Kuba, heute baut man freiwillig am Stadion mit

VON DETLEF KUHLBRODT

Fußball ist längst zur kulturellen Leitwährung geworden. Wenn früher Leute zum Ernteeinsatz nach Kuba fuhren, beteiligen sich heute tausende Freiwillige bei Bauarbeiten in der Alten Försterei, um ihrem Verein FC Union Berlin ein schönes neues Zuhause zu schaffen.

Wovon der Dokumentarfilm „Eisern vereint“ von Andreas Gräfenstein und Fabian Daub in stimmungsvollen Bildern recht schön erzählt. „Eisern vereint“ ist einer von über 40 Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilmen, die im siebten Jahrgang des Internationalen Fußballfilmfestivals „11 mm“ gezeigt werden.

Angepfiffen wird das Filmfest am Samstag – unerklärlicherweise um 17 Uhr, also in der 75. Minute der gleichzeitig laufenden Bundesligaspiele – mit dem Fußballfilmklassiker „Fimpen, der Knirps“. In Bo Widerbergs großartigem Film von 1973 wirkt auch der ehemalige schwedische Nationaltorwart Ronnie Hellström mit, in den 70er-Jahren einer der besten Torhüter der Welt.

Das togolesische Drama

Anlässlich der bevorstehenden WM in Südafrika, ist Afrika einer der Schwerpunkte des Festivals. Am Samstag wird die Schweizer Dokumentation „Togo“ von Pierre Morath und Nicholas Peart gezeigt. Der Film beginnt mit dem Tod des Präsidenten Gnassingbé Eyadéma, der das Land 40 Jahre lang diktatorisch regiert hatte. Unter Missachtung der Verfassung wurde dessen Sohn zum neuen Präsidenten ernannt, was zu Unruhen im Land führte. 40 Tage nach dem Tod Eyadémas qualifiziert sich Togo für die WM in Deutschland. Die Qualifikation schien das Land für einen Moment wieder vereinigt zu haben.

Der Film erzählt davon, wie das Auftreten der Nationalmannschaft in der Hauptstadt des Landes wahrgenommen wird. Wie Fans sich um ein Visum bemühen, ihr Team bei der WM 2006 in Deutschland zu unterstützen. Wie Zauberer mit verschiedenen Tricks – bekanntlich immer erfolglos – die jeweiligen Gegner Togos verzaubern wollen. Auch zu sehen: ein Mann, der eine Public-Viewing-Lokal eröffnet. Arbeitslose kommentieren das Versagen des togolesischen Fußballverbands, der den Spielern die Prämien schuldig blieb, was dazu führte, dass der Trainer Otto Pfister kurz vor der WM zurücktrat, dann aber doch seine Arbeit wieder aufnahm.

Zwischendurch sieht man immer wieder Nachwuchsfußballer in malerischem Licht kicken.

Die Ausschnitte aus den drei WM-Spielen deuten darauf hin, dass Togo viel Pech gehabt hatte mit ungerechten Schiedsrichterentscheidungen. Bekanntlich verfolgte das Unglück die Mannschaft Togos auch in diesem Jahr, als der Mannschaftsbus auf dem Weg zur afrikanischen Fußballmeisterschaft von Rebellen angegriffen worden war. Auf das Gespräch im Anschluss an die Filmvorführung mit Otto Pfister darf man sehr gespannt sein. Montagabend gibt es einen Dokfilm über den Auftritt der Nationalmannschaft Angolas bei der WM 2006. Samstag- und Montagabend gibt es unter anderem den zweiten Teil der Langzeitdokumentation „Au coeur des Eléphants“ über die großartige Nationalmannschaft der Elfenbeinküste. Am Sonntag wird der Spielfilm „Yellow Card“ von John Riber gezeigt, der nicht nur in Simbabwe ein großer Publikumserfolg war.

Homophobe Fans

Wie die meisten Fußballfilme verbindet auch dieser ein pädagogisches Anliegen (u. a. Kampf gegen Aids) mit Unterhaltung. Es geht sehr vergnüglich und bunt um den jungen Mädchenheld Tiyane, einen Star auf dem Fußballfeld. Am Dienstag wird die gerade mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Dokumentation mit dem leicht quatschigen Titel „Tabubruch – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball“ gezeigt. Ob es tatsächlich „ein schwules Netzwerk in der Bundesliga“ gibt, wie der schwule St.-Pauli-Präsident Corni Littmann vermutet, wird nicht geklärt. Interessant ist der Gegensatz zwischen dann doch eher homophoben Fans (die Schwulenverachtung unter Fans wird eher heruntergespielt) und liberalen Fußballprominenten wie Louis van Gaal, Luca Toni, Philipp Lahm, Peter Neururer, Friedhelm Funkel usw. Im Anschluss an den Film gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur Aljoscha Pause, der sich zwei Jahre lang mit dem Thema beschäftigt hatte. Freuen darf man sich auch auf Ken Loachs „Looking for Eric“ (mit dem bekannten Fußballer Eric Cantona); den vielgerühmten mexikanischen Spielfilm „Rudo y Cursi“ von Carlos Cuaron, der von zwei aufstrebenden Spielern erzählt, und vieles mehr.

■ „11 mm. 7. Internationales Fußballfilmfestival“, bis 17. März, Babylon-Mitte; www.11-mm.de