Schauspieler wollen singen

Auf dem Weg zu Ruhm und Ehre gibt es ja verschiedene Türen, durch die ein junger Mensch gehen kann. Er kann es beispielsweise mit der Musik versuchen, auch die Filmschauspielerei verspricht den Erfolg, und ist der Erfolg erst einmal da, kann man gleich noch durch die andere Tür, um nichts auszulassen bei der Wertschöpfungskette. In den klassischen Unterhaltungstagen war das sowieso die Regel mit der Entertainerfigur des Sänger-Schauspielers, Frank Sinatra, Doris Day oder Peter Alexander. Machten immer beides. Was aber zur Frage führen kann, wen man denn eigentlich gerade vor sich hat. Man mag es das Madonna-Problem nennen: Weil Madonna zuerst auch eine durchaus vielversprechende Schauspielerin war („Susan … verzweifelt gesucht“), der aber ihr Megaerfolg als Sängerin in die Quere kam, weil das Publikum sie nun selbst in ihren Filmen immer nur als die prominente Sängerin sehen wollte. Bis Madonna dem nachgab und fortan immer so tat, als ob sie sich selber spielt. Im Film und auf der Bühne.

Aber hilfreich ist Prominenz in dem einen Metier beim Karriereaufbau im anderen Geschäft natürlich allemal. Aufgrund der großen Nachfrage wurde so das Konzert von 30 Seconds to Mars am Mittwoch von der Columbiahalle in die Arena verlegt. Deren Frontmann Jared Leto kennt man zuerst als Schauspieler. Mit seiner Band macht er einen irgendwie nach Disney-Geschmacksverstärkern schmeckenden Fantasy-Alternativerock. Und am Donnerstag kommt Kevin Costner & Modern West ins Tempodrom, und zwar ganz so, wie man sich den Schauspieler musikalisch vorstellt. Mit Countryrock. Sofort will man dabei an die ehrliche Haut und „Der mit dem Wolf tanzt“ denken. Costner ist übrigens durchaus noch in seinem ersten Beruf aktiv, selbst wenn die Zeiten, als man ihm die Oscars hinterherwarf, lange vorbei sind. Für den Hollywoodpromiaufschlag reicht es beim Kartenpreis von 50 Euro aber doch.

In der Musik kommen Schauspieler also auch nur zu sich. Was sehr schön etwa beim einzigen Album von P aus dem Jahr 1995 zu hören ist, das weitgehend übersehen wurde, obwohl Johnny Depp in der Band die Gitarre spielte. Hier steigt man gleich mit einem derart offensiven Velvet-Underground-Rip-off ein, dass das schon kein Rip-off mehr ist, sondern ein musikalisches Method-Acting, mit dem man sich im Weiteren durch bratzigen Boogie, dickärschigen Bluesrock und verkiffte Dub-Exkursionen spielt. Aber das ist eben nicht unbedingt richtungslos. Das sind Anverwandlungen, so wie das ja eigentlich ausdruckslose Gesicht von Johnny Depp im Film jede Rolle in sich aufsaugen kann und bei diesem somnambulen Agieren doch immer Johnny Depp bleibt.

Ein wirklich hübsches Album übrigens. THOMAS MAUCH