Eine Gitarre ist eine Gitarre ist eine Gitarre und bei Samavayo und Gods Of Blitz kommt der Rock dazu

Ach, eigentlich ist es doch schön, mal wieder ganz normal bratzende Gitarren zu hören. Gitarren, die sich nicht scheren, ob sie modisch sind und nach dem aktuellen Revival klingen. Gitarren, denen das Zeitalter, aus dem sie stammen, herzlich egal ist, die nicht rekurrieren auf gesellschaftliche Umstände. Gitarren, die keine schicken Electrobeats brauchen, um sich abzusichern. Gitarren, die breitbeinig auf der Rückbank sitzen, die platschblöde ihren dicken Arsch in dein Gesicht pflanzen. Gitarren, die halt einfach Gitarren sind.

Gitarren eben, wie sie Samavayo auf „One Million Things“ spielen. Klar muss man ganz schön unverschämt sein, um so zu tun, als wäre ein ungebrochener, von sich überzeugter Gitarrenrock so einfach noch möglich heutzutage. Dazu muss man entweder ganz schön naiv sein. Oder von sich überzeugt. Es hilft womöglich auch, wenn man gleich beides auf einmal ist. Und bei Samavayo liegt dieser Verdacht nahe. Denn auch wenn sie in „Teheran Girl“ ein paar fernöstliche Harmonien zu integrieren versuchen, geht es meistens doch immer schön geradeaus. Der Schlagzeuger prügelt vorzugsweise herzhaft auf die Eins, die üblichen Breaks setzen genau an den vorhersehbaren Stellen ein und zum Refrain wird’s noch ein Stückchen lauter, wenn die Freuden des Autofahrens besungen werden oder das Mädchen, das in ihrem roten Kleid ganz eindeutig nach Liebe riecht. Manchmal geht es dem Protagonisten im Song auch schlecht, dann sticht der „pain“. Und zwar „deep inside“. Aber dadurch fühlt er sich „more alive“. Sie merken, es werden liebevoll gewisse Rocksongklischees reproduziert. Aber so ein Stück Verlässlichkeit ist heutzutage doch kaum hoch genug zu schätzen, vor allem wenn sie noch einmal mit solcher Verve und Überzeugung vorgetragen werden wie von Samavayo.

Ähnlich überzeugend und hemmungslos losrocken, das können in dieser Stadt wohl nur noch Gods Of Blitz. Deshalb soll hier, obwohl schon im vergangenen September erschienen, endlich ihr drittes Album „Under The Radar“ gewürdigt werden. Darauf demonstriert das Kreuzberger Quintett mal wieder, wie man den Garagenrock der späten Achtzigerjahre halbwegs erfolgreich in die Jetztzeit herüberrettet. Dass solch eine Transformation nicht ganz gelingt, liegt zum einen an der Altbackenheit der Vorlage, aber vor allem daran, dass auch die Gods sich weigern, irgendwelche elektronischen Verzierungen zu bemühen, um sich den Anschein der Modernität zu erschleichen.

Nein, das ist gute alte Wertarbeit. Ein Riff kommt nicht aus dem Computer, sondern aus einem Gitarren-Verstärker, bei dem der Verzerrer aufgerissen ist. Und die Gefühle kommen aus dem Herzen, das mal wieder den weichen Kern in einer rauen Schale spielen muss. Da geht’s dann schon mal offenherzig ums Masturbieren, aber auch der Schmerz ist wieder da, weil der kommt dann, wenn man jemanden verliert, und bleibt solange, bis jemand anderes kommt.

Das war schon immer so, und das wird immer so sein. Das ist halt Rock. Und das ist doch eigentlich auch ganz schön.

THOMAS WINKLER

■ Samavayo: „One Million Things“ (Section B/ Rough Trade), live heute im Lido, 20 Uhr

■ Gods Of Blitz: „Under The Radar“ (Sound Everest/ Rough Trade)