Zwölf Fälle pro Tag

KINDERSCHUTZ Erstmals veröffentlicht Berlin Zahlen über Fälle von Kindeswohlgefährdung

Eine Bewertung der Zahlen ist laut Senatsverwaltung nicht möglich

Erstmals veröffentlichte das Statistische Landesamt am Dienstag Zahlen über Kindeswohlgefährdungen in Berlin. Demnach gingen die Berliner Jugendämter 8.791 Verdachtsfällen auf Kindeswohlverletzung 2012 nach. In 49,9 Prozent der Fälle erwies sich der Verdacht als unbegründet, bei 50,1 Prozent lag dagegen tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung vor. Das sind durchschnittlich 12 Fälle pro Tag.

Seit Anfang 2012 müssen die Jugendämter entsprechende Informationen an das Amt übermitteln. Die Erhebung soll helfen, Erfolge von Kinderschutzmaßnahmen zu bewerten. Die zuständige Senatsverwaltung für Jugend mochte am Dienstag allerdings keine Bewertung der Zahlen abgeben. Dies sei wegen der erstmaligen Veröffentlichung und mangels Vergleichszahlen nicht möglich, sagte der Sprecher. Berlin bemühe sich aber, mit Maßnahmen wie der „Hotline Kinderschutz“ und der aufsuchenden Elternhilfe das Kinderschutznetz möglichst engmaschig zu gestalten.

Eine Verletzung des Kindeswohls liegt dann vor, „wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls“ eines Kindes oder Jugendlichen eingetreten oder zu erwarten ist, heißt es in der Mitteilung des Landesamts. Knapp 52 Prozent der gemeldeten Fälle seien Vernachlässigungen, knapp 45 Prozent körperliche oder psychische Misshandlungen. Bei 2,2 Prozent handelte es sich um sexuelle Gewalt. Die meisten Meldungen gab es in Friedrichshain-Kreuzberg und Reinickendorf, die wenigsten in Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf.

Gemeldet wurden die Fälle dem Jugendamt von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, von Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen oder BürgerInnen. Etwa jeder zehnte Fall wurde von den Betroffenen oder ihren Angehörigen selbst angezeigt.

Das Amt kann betroffenen Familien dann Unterstützungsmaßnahmen zukommen lassen, Kindern und Jugendlichen ambulante oder stationäre Hilfe vermitteln oder sie aus den Familien nehmen. 725 der 2012 erfassten Fälle gelangten vor das Familiengericht.

Ähnliche Zahlen veröffentlicht jährlich auch der Stadtstaat Hamburg. Bei 1,8 Millionen Einwohnern wurden dort laut Kinderschutzbericht 2011 9.425 Fälle möglicher Kindeswohlgefährdung angezeigt. In wie vielen Fällen tatsächlich Kinder gefährdet waren, ermittelt Hamburg allerdings nicht. AKW