roter karneval
: Ende der WASG-Gemütlichkeit

Die Zeit der idyllischen Gemütlichkeit ist für die NRW-Wahlalternative vorbei. Lange hatten die Funktionsträger der Kleinpartei im größten Bundesland so getan, als ob sie von den WASG-Turbulenzen im Landesverband Berlin nicht betroffen seien. Nun treten auch in NRW die widersprüchlichen Beschlusslagen der Landesvorstände von PDS und WASG zu den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern in den Vordergrund. Dieser lang unterdrückte Grundkonflikt muss nun aufgelöst werden. So oder so.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Schon bei der erneuten WASG-Urabstimmung über die Fusion mit der PDS müssen weitergehende Fragen beantwortet werden als nur technische Details des Neubildungsprozesses: Was für eine Partei soll die neue Linkspartei eigentlich werden? Eine gestaltende Sammlungsbewegung oder ein ideologisch auf Obstruktion festgelegter Parlamentsclub des Protests? Will die WASG/PDS die gesellschaftlichen Realitäten in dieser Republik verändern, spricht vieles für einen neuen Realismus. Vorbild könnten mitregierende Linke wie die norwegische sozialistische Linkspartei sein oder Fausto Bertinottis Kommunisten in Italien, die sich nach schweren Auseinandersetzungen dem Mittelinksbündnis unter Romano Prodi angeschlossen haben. Nach 100 Tagen großer Koalition müsste bei den WASG-Fundis so langsam mal der Cent fallen, dass man den Regierenden weder mit „WASG pur“ noch mit Opposition pur gefährlich werden kann. Im Gegenteil: Die Merkel-Regierung ist trotz aller Sozialrhetorik radikaler und in der WASG-Sprache „neoliberaler“ als Rot-Grün, etwa bei der Haushalts- und Rentenpolitik.

NRW-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine hat seine neuen wahlalternativen Genossen jetzt richtigerweise so klar wie nie vor Sektierertum und Politmobbing gewarnt. Auch der Landesverband der WASG in Nordrhein-Westfalen muss lernen: Die Zeit der Vereinsmeierei ist vorbei.