Anschläge auf Neubauten – Autonome führen „Liste“

GENTRIFIZIERUNG Choriner Höfe mit Steinen beworfen. 100 Projekte müssten „mit Besuch rechnen“

Große, rote Farbflecken prangen an der Fassade, Scheiben sind geborsten. Gegen 2.40 Uhr seien die Täter gekommen, „mehrere Vermummte“, teilt die Polizei mit. Mit Steinen und Farbbeuteln hätten sie die Choriner Höfe in Prenzlauer Berg beworfen. Auf ihrer Flucht hätten sie noch eine Frontscheibe eines Porsche eingeschlagen und spitze Metallhaken auf der Straße hinterlassen.

Es klingt nach einer konzertierten Aktion, in der in der Nacht zu Dienstag ein Anschlag auf die gerade fertig gewordene Edelwohnanlage verübt wurde – er reiht sich ein in eine Serie jüngster Anschläge auf Bauprojekte. „Wir haben kein Bock mehr auf eure Luxusghettos“, heißt es in einem nun im Netz veröffentlichten Bekennerschreiben, unterzeichnet mit „Autonome Gruppen“. Es folgt der Verweis: „Berliner Liste vollenden“.

Auf der im Netz geführten Liste stehen rund 100 Neubauprojekte, Investorenbüros und Ämter. Diese werden als „Teil der antisozialen Stadtumstrukturierung“ gebrandmarkt und müssten „mit einem Besuch rechnen“. Die Polizei richtete daraufhin eine sechsköpfige Ermittlergruppe ein. Bis Mitte Juni zählte diese 16 Anschläge, die den Aufrufern zuzurechnen seien. Dann kehrte Ruhe ein. Wohl weil die Autonomen als Ziel 15 Aktionen bis zur Veröffentlichung des Mietspiegels Mitte Juni ausgerufen hatten. Kurz darauf hieß es aber, die Liste werde fortgesetzt. Das wird nun offenbar eingelöst.

Zu dem Angriff auf die Choriner Höfe ermittle der Staatsschutz, sagte ein Polizeisprecher. Inzwischen laufe auch ein Verfahren wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. Die Verfasser des Internetaufrufs seien aber unbekannt. Zu Tatverdächtigen wollte sich die Polizei „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht äußern. Anfang Mai war eine 24-Jährige gefasst worden, der vorgeworfen wird, zuvor mit zwei Komplizen Steine auf ein Jobcenter in Charlottenburg geworfen zu haben. Die Staatsanwaltschaft gab zum Verfahrensstand am Mittwoch keine Auskunft. KONRAD LITSCHKO