Bärinnen zu lange verdrängt

Berlin hat sich sich so lange nicht mit dem Leid der Stadtbären beschäftigt, bis es zu spät war

VON SEBASTIAN HEISER

Mit dem Bärenzwinger in der Nähe der Jannowitzbrücke war es jahrelang so: Eigentlich wussten Politik und Öffentlichkeit, dass sich da dringend etwas ändern müsste. Aber irgendwie kümmerte sich kaum jemand darum, genauso wie man Kunde bei dem Atomstromanbieter bleibt, weiter an Silvester böllert oder zu viel Fernsehen schaut. So lebten die beiden Braunbärinnen weiter in ihrem viel zu kleinen, von Beton dominierten Zwinger in der Innenstadt eingesperrt. Aus welchem Grund? Ganz einfach: weil man sich sonst hätte damit beschäftigen müssen.

Würde ein neues Gehege dieser Größe gebaut, um dort zwei Tiere dieser Größe einzusperren, dann gäbe es einen riesigen Aufschrei. Bei Maxi und Schnute blieb das aus. Offenbar deshalb, weil sie schließlich immer schon in diesem Minikäfig waren. Bis 2007 war es sogar noch enger, weil in dem Zwinger auch noch Schnutes Vater Tilo lebte.

Leckerli für die Gefangenen

Die Berliner wären es ihrem Wappentier schuldig gewesen, ihnen schon viel früher das bestmögliche Leben zu ermöglichen. Seit Jahren wiesen Tierschutzorganisationen auf den unhaltbaren Zustand hin. Doch Berlin hat gewartet. Hat den Gefangenen zugewunken und Leckerli gegeben, anstatt sich mit ihrem Leid zu beschäftigen. Mit ihrem Leben, in dem sie ihre natürlichen Verhaltensweisen unterdrücken müssen. Mit dem Käfig, in dem sie nicht laufen, klettern oder graben können. So lange, bis es zu spät war. Weil ein Umzug ihnen jetzt nicht mehr hilft, sondern ein Bärendienst wäre.

Diese Stadt hat es nicht verdient, einen Bären als Wappentier zu führen.